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Geschrieben von Adriano Sánchez - 23.04.2025, 21:28 | ||||
Die fehlende Geschichte von Adriano Name: Adriano María Fernando Sánchez geborgen als Amenophis Geburtstag: Vor kurzem dachte ich, ich sei am 18. März 1613 in Spanien geboren, doch bin ich 855 v. Chr. während der 22. Dynastie unter Osorkon II. Sibaste dem 5. altägyptischer Pharao in Memphis auf die Welt gekommen. Familie: Vater: Namilt (II.) war ein Hohepriester des Amun in Theben, während der 22. Dynastie um 855 bis 845 v. Chr., sowie 865 bis 845 v. Chr. Herrscher von Theben und Herakleopolis. Namilt (II.) war der Sohn von Pharao Osorkon II. und dessen zweiten Gemahlin Djedmutiues. Mutter: Karomat eine sehr ruhige Frau, sie musste mich mit 5 abgeben, an die Priester. Ich erinnere mich kaum an sie. Beruf: Einst durchgedrehter Wissenschaftler, heute bin ich der Anführer der Shifter, weil mein Großvater durch Lucrezia de Saintclair enthauptet wurde. Lebenslauf bist 1613 Ich war Amenophis – Sohn des Schweigens Ich wurde geboren unter dem gleißenden Licht Thebens, im Schatten des großen Amun-Tempels, als Kind eines Reiches, das sich selbst nicht mehr verstand. Mein Vater war Namilt – Hohepriester des Amun und Herrscher über Theben und Herakleopolis. Meine Mutter stammte aus Memphis. Man sprach selten über sie. Leise Gerüchte begleiteten ihren Namen, von Tierblut in der Ahnenlinie, von einer alten Gabe, die nicht in Götterbilder passte. Man nannte mich Amenophis. Ich war das Kind mit den hellen braunen Augen und bleicher Haut, nicht so dunkel wie man es von den Ägyptern her kennt. Mit einem stillen Blick. Von klein auf spürte ich, dass ich anders war. Die Worte der Priester blieben an mir haften wie Rauch, und doch... ich sog sie auf. Mit fünf lernte ich, heilige Texte zu lesen. Mit neun war ich tiefer in den Tempeln als mancher erwachsene Mann. Ich kannte die Wege hinter den Mauern, die Stimmen der Nacht, die Fragen, die kein anderer stellte. Ich war wachsam. Diszipliniert. Und ich war beliebt. Das Volk flüsterte meinen Namen ehrfürchtig, der weiße Erbe. Es waren ihre Blicke, ihre Hände, ihre Bitten, die mich aufrichteten. Doch mein Vater sah in meiner Beliebtheit eine Bedrohung. Ich war zu aufrichtig. Zu... menschlich. Mit sechzehn begann es. Zuerst waren es Träume Schnee, den es nie in Theben gab. Klauen im Sand. Ein Blick, der durch mich hindurchging. Dann kam der Schmerz. Die erste Verwandlung. Es geschah während eines Rituals, im Innersten des Tempels, in der Nacht, als selbst die Götter schwiegen. Ich erwachte blutverschmiert auf kaltem Stein, meine Kleidung zerrissen, meine Kehle heiser vom Schreien. In meinen Adern pulsierte etwas Neues – etwas Uraltes. Ich war ein Wandler. Ein weißer Wolf. Ich spürte es in jedem Knochen, in jeder Faser. Es war kein Fluch. Es war ein Erwachen. Das Tier war nicht fremd, es war ich. Ich hielt es geheim. Nur eine alte Tempeldienerin aus Nubien wusste es. Sie nannte mich “den, der zwischen den Welten geht“. Und vielleicht hatte sie recht. Ich war weder nur Mensch noch nur Tier. Ich war beides und etwas Drittes. Mit siebzehn wurde ich Hohepriester. Mein Wort hatte Gewicht. Und doch begann Ägypten zu zerfallen. Der Pharao war schwach, die Tempel zerstritten. Misstrauen wuchs. Takelot II. sah mich als Gefahr – als Ungeheuer, das man ausmerzen musste. Zwischen Krone und Klerus wurde ich zum Spielball. Doch ich duldete keine Tyrannei. Ich sprach. Ich stellte das göttliche Mandat des Pharaos infrage, nicht aus Trotz, sondern aus Pflicht. Das Volk verdiente Wahrheit. Aber Wahrheit hat ihren Preis. Ein vergifteter Kelch. Ein brennender Altar. Und dann... Stille. Ich überlebte. Ich blieb. Nach dem Anschlag, der mich töten sollte, hätte ich gehen können. Nein – ich hätte gehen sollen. Jeder andere hätte die Stadt verlassen, die Götter verflucht und sich in der Wüste verloren. Aber etwas in mir war stur. Verbissen. Vielleicht war es das Tier, das mich trieb. Vielleicht war es mein Herz, das zu oft die Schreie der Hungrigen gehört hatte, um sie zu ignorieren. Und ich schwieg. Ich diente weiter als Priester – zurückgezogen, vorsichtig, unauffällig. Aber nachts traf ich mich mit jenen, die man vergaß. Ich versorgte die Schwachen, schlich mich in Lagerräume, verteilte Nahrung, stellte Fragen, die niemand mehr hören wollte. Und dann… kam sie. Sie war ein Sturm in einem goldenen Kleid. Zuerst war sie nur eine Schattenflamme an der Seite des Pharaos, schön, gefährlich, unergründlich. Die Männer starrten, die Frauen spürten instinktiv, dass sie anders war. Ich misstraute ihr vom ersten Moment an. Sie lächelte zu breit. Stand zu still. Roch nicht nach Wüste, sondern nach Asche. Wir begegneten uns in einem Gerichtssaal. Ich widersprach dem Urteil eines Wesirs und sie lachte. Nicht verächtlich. Eher… neugierig. Als würde sie prüfen, ob ich brenne, wenn man mich reizt. Wir gerieten immer wieder aneinander. In den Gassen. In Versammlungen. In den Augen anderer. Sie spielte mit mir. Und ich hasste sie dafür, wie sehr sie mich faszinierte. Es dauerte nicht lange, bis ich ihre Natur spürte. Sie war kein Mensch. Aber auch kein Tier wie ich. Sie war… zwei. Eines von beiden war nicht von dieser Welt. Ich konfrontierte sie. Sie lachte, doch einmal erzählte sie es mir. Von dem Dämon in ihr. Von der Abmachung 100 Jahre sie, 100 Jahre er. Von der Lust am Spiel mit den Sterblichen. Aber auch… von der Müdigkeit. Der Erschöpfung, zwei Leben in einem zu führen. Ich weiß nicht, wann es geschah, aber irgendwann lachten wir gemeinsam. Irgendwann kämpften wir gemeinsam. Und irgendwann, ohne es zu planen, liebten wir uns. Nicht schnell. Nicht leidenschaftlich wie ein Sturm, sondern tief. Wie zwei Schatten, die sich erkennen. Gemeinsam stürzten wir den Pharao. Seine Herrschaft brach unter unseren Füßen zusammen. Und für einen Moment… war alles möglich. Frieden. Gleichgewicht. Vielleicht sogar Glück. Doch es dauerte nicht. Andere fürchteten uns. Fürchteten, was wir gemeinsam waren. Ein Tier mit einer Krone. Ein Dämon in einer Frau. Liebe mit Macht. Zu viel. Sie brachten uns auseinander. Nicht mit Gift. Nicht mit Klingen. Sondern mit einem Ritual. Ein Flüstern zwischen alten Steinen, ein Kreis aus Blut, eine Sprache, die die Zeit selbst vergessen hatte. Als ich erwachte, lag ich auf kaltem Boden. Meine Robe zerfetzt, meine Hände rot. Der Tempel… tot. Ich erinnere mich nicht an den Zauber. Nur an das Echo und ich rannte. Diesmal wirklich, nicht aus Angst, sondern weil… ich nicht wusste, wer ich war, weil ich nicht wusste, was ich verloren hatte. Ankunft – Griechenland, viele Monde nach dem Fall Der Wind roch anders hier. Nicht nach Sand und Blut, nicht nach Weihrauch und verbranntem Kalk. Hier roch er nach Salz, nach Erde, nach Zikaden, die gegen das Schweigen ansangen. Ich stand barfuß auf felsigem Boden, über mir ein Himmel. Meine Füße trugen noch die Spuren des Wüstensandes, meine Haut war gerissen, mein Blick leer. Ich wusste nicht mehr, wie viele Tage ich unterwegs gewesen war. Ich hatte nicht gezählt. Ich hatte nur… fort gewollt. Wer sollte ihn hier kennen? Wer sollte ihn fürchten? Ich war allein, nicht nur als Mann, sondern auch als Wesen. Als etwas, das sich in der Stille der Nacht in einen Wolf verwandelte, wenn die Träume zu laut wurden. Griechenland war nicht wie Ägypten. Hier beteten sie laut, mit Wein auf den Lippen und Ruß in den Haaren. Die Götter hatten Gesichter, die lachten, liebten, betrogen. Ich war ein Schatten unter Menschen. Ein Wanderer ohne Ziel. Ich mied die Dörfer, schlief unter Olivenbäumen, trank aus Bächen. Wenn ich zu lange auf den Mond sah, spürte ich das Ziehen in den Knochen. Der Wolf wollte raus, doch ich ließ ihn nicht, nicht unter diesen offenen Sternen. Die Menschen, die mich sahen, nannten mich Xenos. Fremder. Manche sahen die Narben. Andere das Zittern in meinen Händen, wenn ich mich unbeobachtet fühlte. Aber niemand fragte und ich antwortete nicht. In einem kleinen Ort am Fuß eines zerfallenen Tempels blieb ich schließlich. Die Alte, die mir Brot gab, sagte, ich hätte die Augen eines Tieres, das einen Krieg überlebt hat. Ich sagte nichts, aber ich wusste, sie hatte recht. Ich arbeitete mit den Händen, grub in der Erde, flickte Dächer. Ich betete nicht und bat um nichts. Ich existierte. in jeder Nacht fragte ich mich, was ich verloren hatte. Wen. warum mein Herz sich manchmal so leer anfühlte, dass selbst der Wolf in mir heulte, ohne zu wissen, nach wem. Ich war kein Priester mehr. Kein Sohn eines Herrschers. Kein Geliebter. Ich zog weiter. Nach dem Fall Thebens und dem Verlust von allem, was mich je definiert hatte, war Griechenland meine zweite Geburt. In Athen fand ich, was ich nicht gesucht hatte: eine neue Sprache, ein anderes Denken und eine Kunst, die nicht nur Götter ehrte, sondern Form. Ich nannte mich Phidias, ein neuer Name für ein neues Leben, geboren aus Stein, Gold und Marmor. Ich lernte, die Elemente anders zu begreifen. Nicht mehr im Dienste der alten Rituale, sondern für das Auge, den Raum, den Menschen. Ich verlor mich in den Maßverhältnissen, den Lichtachsen, den Linien der Architektur. Die Jahre vergingen schnell, zu schnell für jemanden, der langsamer altert als alle um ihn herum. Doch in der Arbeit fand ich Rhythmus. Und in der Erschöpfung: Ruhe. Ich baute mit an den Fundamenten des Olympieions. Doch politische Umbrüche zerrissen den Plan, Peisistratos’ Söhne begannen, was andere nicht zu Ende führten. Es war ein Rückschlag, der mich tiefer traf, als ich zugeben wollte. Ohne Aufgabe, ohne Sinn, zog ich mich zurück – in die Wälder, in die Berge, in mich selbst. Ich lebte als Wolf. Schlief in Höhlen. Sprach mit niemandem. Erst Jahrzehnte später tauchte ich wieder auf. Ich war älter, zumindest innerlich und bereit, erneut zu gestalten. Ich arbeitete mit Iktinos und wurde Bauleiter des Parthenons. Ich überzeugte Perikles, dass Athen ein neues Gesicht brauchte. Und ich schenkte ihm eines. Es war eine der wenigen Zeiten in meinem Leben, in denen ich mich fast… erfüllt fühlte. Ich schuf auch die Athena Promachos, eine Statue über elf Meter hoch. Elfenbein. Gold. Und ein stiller Tribut an ihr, die ich vergessen habe. Niemand wusste es. Ich sprach es nie aus. Aber wer genau hinsah, erkannte es in den Zügen. In der Sphinx zu ihren Füßen. In der Würde der Haltung. Später, unter dem Namen Cossutius, kehrte ich zurück, um das Werk zu vollenden, das mich nie losgelassen hatte: das Olympieion. Der römische König Antiochos IV. beauftragte mich, doch starb, bevor es fertiggestellt werden konnte. Ich wartete. Beobachtete. Bis unter Kaiser Hadrian der Bau schließlich 132 n. Chr. vollendet wurde – nach meinen Plänen. Danach fiel ich erneut in Stille. Ich kehrte an den Euphrat. Ich baute ein altes Haus aus – doch in mir herrschte Leere. Eine tiefe, schattenhafte Erschöpfung, die selbst ich nicht mit harter Arbeit vertreiben konnte. Und dann… kam Mekarne. Eine Vampirin. Eine Wissende. Sie beobachtete mich – Nacht für Nacht – ohne sich zu zeigen. Doch ich spürte sie. Wie ein Teil von mir, der nach mir griff, ohne mich zu verletzen. Als sie sich schließlich offenbarte, war ich kein Jäger. Kein Wolf. Ich war ein stiller Schatten mit zerschlagenem Geist. Doch Mekarne sprach nicht von Jagd. Sie sprach von Geschichte. Von Schmerz. Mit Mekarne verbrachte ich fast 150 Jahre. Sie heilte nichts, aber sie erinnerte mich daran, dass ich nicht allein war. Dass ich mehr war als das Tier, dass mein Leben Spuren hinterlassen hatte und weiter hinterlassen würde. Ich war nicht für Rudel gemacht. Aber für Erinnerung. Ich zog weiter. Nicht aus Rastlosigkeit, sondern aus einem Bedürfnis nach Abstand. Mekarne und ich blieben in Kontakt, diskret, über Worte, die durch Jahrhunderte getragen wurden. Wie sie, hielt ich mich im Verborgenen. Ich beobachtete. Lernte. Wandelte. Doch ich trat nicht mehr offen hervor. Meine Wege führten mich in das Byzantinische Reich, ein Erbe Roms, geformt von Ost und West, von Gold und Dogma. Konstantinopel beeindruckte mich, seine Kirchen, seine Mosaike, seine seltsame Mischung aus römischer Macht und östlicher Mystik. Doch ich beteiligte mich dort an keinem Bauwerk. Ich war ein Schatten unter Menschen. Ein Fremder unter Fremden. Meine Gedanken blieben bei Stein, Proportionen und Linien nicht bei Macht. Erst in Ravenna, an der Adria, wurde ich wieder gebraucht. Dort herrschte Theoderich der Große, ein arianischer König mit dem Ehrgeiz, etwas Ewiges zu hinterlassen. Seine Augen suchten nach einem Baumeister, einem Visionär. Ich trat vor ihn – unter einem neuen Namen. Und er glaubte mir. Oder er glaubte zumindest an das, was ich zu erschaffen vermochte. So entstand das Mausoleum des Theoderich, ein Grab aus Stein für einen König aus Eisen. Die Kuppel, elf Meter im Durchmesser, bestand aus einem einzigen Naturblock. Zwanzig Meter hoch lag sie über dem Bau. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, bis sie endlich auflag. Meist arbeitete ich allein – nicht aus Stolz, sondern weil ich niemanden brauchte. Und weil niemand sonst verstand, was ich sah. Theoderich erlebte die Vollendung nicht. Nach seinem Tod fiel das Bauwerk in die Hände des orthodoxen Klerus. Man hätte mich vertreiben können. Stattdessen gewährte man mir, es zu vollenden. Vielleicht erkannten sie, dass auch mein Werk eine Form des Glaubens war, nicht an Gott, sondern an das Beständige. Mit diesem Bau endete für mich eine Ära. Es war mein letzter großer Stein. Meine ersten 1500 Jahre waren vorbei. Ich hatte drei Namen getragen, drei Kulturen gedient und dreimal versucht, Teil einer Welt zu sein, die mich nie ganz verstand. Was blieb, war der Stein. Und der Wolf in mir. Immer wachsam. Immer wartend, ohne zu wissen auf was. Ich streifte Jahrhunderte durch die Welt, doch ich fand nicht das wonach ich suchte. Stein über Stein, Köln und das Verbergen des Unveränderlichen Ich hatte viele Städte gesehen. Viele Tempel, die kamen und gingen. Doch im zwölften Jahrhundert führte mich mein Weg nach Köln, lange bevor der Name als Zentrum christlicher Pilgerfahrten in allen Mündern war. Ich war zu dieser Zeit bereits fast zehn Jahre dort, hatte die Sprache gelernt, das Volk beobachtet, die Baukunst der Region studiert. Am 23. Juli 1164 geschah etwas, das den Lauf dieser Stadt für immer verändern sollte. Der Erzbischof Rainald von Dassel brachte die Reliquien der Heiligen Drei Könige von Mailand nach Köln. Sie waren ein Geschenk des Kaisers Friedrich I. – und Kriegsbeute zugleich. Ich hatte nichts mit diesen Reliquien zu schaffen. Glauben bedeutete mir nie viel. Aber ich verstand, was sie auslösten. Ströme von Menschen. Pilger. Gläubige. Händler. Und mit ihnen – der Wunsch nach etwas Großem. Die alte Kathedrale reichte nicht mehr aus. Und ich… hatte Visionen. Nicht göttlich. Sondern architektonisch. Ich hatte einige Jahre zuvor Frankreich durchstreift – sah dort, was Menschen wagten. Amiens hatte mich inspiriert. Aber ich wollte mehr. Größer. Kühner. Länger haltbar. Ich arbeitete im Verborgenen, säte Ideen, flüsterte Bauvorschläge in die richtigen Ohren. Kein Auftrag. Kein Titel. Nur das Ziel, etwas zu schaffen, das bleibt. Tempel. Kirchen. Paläste – sie mögen heilig genannt werden, doch für mich waren sie Orte, an denen sich Vibrationen der Erde und der Menschen kreuzen. Das war das Heilige, das ich kannte. Doch Pläne brauchen Geduld. Ganze 61 Jahre vergingen, bis das Vorhaben endlich genehmigt wurde. Ich war längst ein anderer und doch noch immer der gleiche. Ich verschwand. Und kehrte zurück. Dieses Mal unter einem neuen Namen: Dombaumeister Gerhard. Wie ich auf den Namen kam, weiß ich selbst nicht mehr. Vielleicht war er einfach… unscheinbar genug. Jedenfalls schaffte ich es, dass meine Herkunft unauffindbar blieb. Noch heute spekulieren Historiker über meine Identität. Es gibt keine klaren Belege. Nur Vermutungen. Und genau so sollte es sein. 1248, am 15. August, begannen die Vorbereitungen. Ich bestand auf einen Fünfschiffigen Bau. Die Steine mussten aus dem Siebengebirge kommen und keine Kompromisse. Ich zeichnete. Berechnete. Formte. Leitete. Nach vier Jahrzehnten war der Kapellenkranz vollendet. Doch ich wusste: Mein Gesicht war zu bekannt geworden. Und vor allem zu unverändert. Für ein Menschenleben hätte es gepasst. Für mein Wesen nicht. Ich zog mich zurück. Hinterließ die Pläne. Andere führten sie weiter. Ich wurde ein Schatten hinter Glasmalerei und Spitzbögen. Ein Baumeister, den die Geschichte nie ganz fassen konnte. Aber ich wusste, was ich hinterlassen hatte. Ein Bauwerk, das länger stand als Könige. Und vielleicht – als ich selbst. 1880 wurde der Dom nach meinen Plänen, die ich 600 Jahre zuvor gezeichnet hatte, fertiggestellt. Es war gut, denn es gab bessere Techniken bestimmte Konstruktionen zu stabilisieren. Die Mauer, Liena und der Wind der Stille Es waren die Jahre des Steinwurfs und der Verteidigung, als ich durch das Land der aufgehenden Sonne zog, hinaus in die nördlichen Provinzen Chinas, wo Männer mit rauen Händen die Erde aufrissen, um etwas gegen die Zeit zu errichten: die Große Mauer. Ich arbeitete als Handwerker. Kein Name, kein Titel. Nur Muskelkraft und Blick für Struktur. Ich redete wenig, hörte viel. Die Menschen dort misstrauten Fremden – doch ich war ein Mann des Steins, und der Stein war meine Sprache. Dort begegnete ich Liena. Sie war nicht wie Aiko. Nicht wie Mekarne. Sie war ruhiger, geerdet, mit einem Blick, der das Herz prüfte, ohne es zu bedrängen. Wir arbeiteten auf denselben Abschnitten, Seite an Seite. Ich wusste nicht, ob es ihr Lächeln war oder ihre Ernsthaftigkeit, die mich anhielt, aber ich blieb. Und sie auch. Unsere Verbindung war leise, ohne große Gesten. Ein Blick, wenn der Tag endete. Ein Gespräch über Statik und Form, das langsam in Gedanken über Leben und Sinn überging. Wir teilten das Lagerfeuer. Manchmal auch die Nacht. Doch ich versprach ihr nie etwas, sie forderte es nicht ein. Es war eine kurze Zeit, gemessen an Jahrhunderten – vielleicht ein Jahr, vielleicht zwei. Aber sie war friedlich. Und ich erinnere mich an sie mit einer Sanftheit, die selten geworden ist in meinem Leben. Dann, im späten 16. Jahrhundert, kam der Moment, in dem ich spürte. Es ist Zeit zu gehen. Wahrscheinlich was dies ein Fehler, denn heute weiß ich, dass ich über Jahrhunderte nicht der sein durfte, es nicht konnte, der zu sein, der ich war. Heute weiß ich was mir genommen wurde, ich zu dem wurde, was ich nicht bin. Es zerrt an mir, vielleicht trage ich keine Schuld und dennoch war ich es, der diese Taten ausgeübt hat. |
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Geschrieben von Adriano Sánchez - 11.09.2023, 19:38 | ||||
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