10.08.2025, 11:13 - Wörter:
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Sion ‘River’ Morgan
Still awaits the deep.
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Sion ‘River’ Morgan
Still awaits the deep.
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Name:
Geboren als Moon Si-on, doch mit der Hochzeit seiner Mutter wurde daraus der Nachname Morgan, und mit der Einbürgerung wurde entschieden, den Bindestrich des Vornamens wegzulassen.
Fragt man jedoch, wie er heißt, ist die Antwort eine andere: River.
Geburtstag & -ort | Alter:
Sion wurde in einem ganz normalen Krankenhaus in Incheon, heutiges Südkorea, geboren. Damals war die heutige Großstadt jedoch nunmehr eine kleine Hafenstadt mit knapp 5000 Einwohnern, als er am 3. Juli 1882 dort zur Welt kam. Damit ist er bald 135 Jahre alt.
Alter laut Aussehen:
Anfang 20
Rasse:
Dämon; Unterart Mul Gwisin
Über Mul Gwisin
Familie:
Moon Ji-hye
Seine menschliche Mutter, die bis zum Schluss nicht wusste, was sie in die Welt gesetzt hat. Sie war von Anfang an mit Sion überfordert, einem Kind, das es nicht hätte geben sollen, und tat doch ihr Möglichstes, ihm ein gutes Leben zu bieten.
James Morgan
Der wohlhabende Reeder aus Los Angeles heiratete seine Mutter, als Sion keine paar Jahre alt war. Sion baute zu seinem Stiefvater nie eine gute Beziehung auf, doch da er stets bekam was er wollte, ging diese Konstellation viele Jahre gut.
Summer Morgan
Sions Halbschwester, geboren 1894. Nach außen hin das Ein und Alles ihres älteren Bruders, wurde das Mädchen doch keine 12 Jahre alt.
Michael J. Morgan
Sions Halbbruder, geboren 1898. Größtenteils ignoriert, später schikaniert wurde auch dieses Geschwisterchen nicht älter als 10 und folgte damit seiner Schwester vorzeitig ins Jenseits.
Zöglinge:
-
Erschaffer:
-
Wohnort:
Sion, eher bekannt als River, wäre eigentlich obdachlos zu nennen. Das stimmt aber nicht ganz, da er sich unter einer der Brücken über dem Flushing Creek, der tief in Queens hinein reicht, einen Unterschlupf gebaut hat.
Beruf:
Der Dämon lebt von dem, was er findet, oder sich nimmt. Seltener hilft er bei der nahe gelegenen Marina aus, wenn es an den Putz der Yachten für ein paar Dollar geht, bettelt, oder bietet nahegelegenen Golfplätzen und Grünflächenbesitzern an, ihnen Golfbälle und Müll aus ihren Teichen, Pools und Tümpeln zu holen.
Gesinnung:
chaotisch
Es ist schwer, River ein Label zu geben. Sein Wesen ist widersprüchlich, sein Handeln inkonsequent. Fragt man fünf verschiedene Personen, ob er ein guter oder schlechter Kerl ist, wird man vermutlich acht verschiedene Antworten bekommen und viele 'kommt drauf an's.
Charakter:
River ist Widerspruch und Naturgewalt, ambivalent wie das Meer und doch persistent wie ein Fluss, der sich durch das festeste Gestein zu fressen vermag. Logik und Contenance spielen in seinem Dasein keine große Rolle, und die einst gelernten sozialen Grenzen sind in den letzten Jahrzehnten so weit verwaschen, dass es gerade noch reicht, um in einer Menschenmenge nicht als der verrückte Junkie angestarrt zu werden. Seine Ausstrahlung variiert, mal unauffällig, anschmiegsam, sachtes Schwappen um den Kiel eines Ruderboots, mal einnehmend, rau und einschüchternd wie ein Sturm auf offener See – und unstet, was im einen Moment gesetzt scheint, ist im nächsten schon wieder ganz anders. Er ist nicht greifbar, keine Substanz, nur Emotion, die aus dem Moment entspringt, und zeigt offen, was er denkt und fühlt. Es passiert selten, dass er sich an etwas festhält, jede Begegnung mit ihm ist das erste Mal, und dass er einen Groll hegt, ist ebenfalls äußerst selten und in der Regel mit einschneidenden Erlebnissen verknüpft. River existiert losgelöst von anderen, braucht niemanden, und sucht Nähe nur, wenn er sie will – und dann stets heftig, überwältigend, eine rogue wave, die aus dem Nichts alles mit sich reißt, um danach nur Leere zurück zu lassen. Er kann unsäglich einnehmend sein, ausgelassen, fröhlich, im nächsten Moment still und undurchdringlich. Er lebt einfach, nimmt sich was er will und macht sich keine Gedanken über das Morgen, lässt sich nichts bieten und keine Chancen ungenutzt. Ein führendes Motiv hatte er noch nie, und lebt, weil er es kann. Für einen Dämon, der seinen Ursprung im 14. Jahrhundert hat, bietet die Moderne so viel Neues, nicht immer gut, aber stets spannend, er ist sehr leicht von etwas zu begeistern bis er entschieden hat, ob er es toll oder kacke findet. Er probiert aus, und lernt extrem schnell, sofern es etwas ist, das sich halbwegs logisch oder emotional kapieren lässt. Er ist sozial unangepasst, hat keinen Filter, und operiert nicht auf Basis von Werten und Normen, sondern allein seinem eigenen Gefühl. Und dieses variiert mit der Tagesform, ob es regnet (mag er), ob eine Fähre zu nah gekommen ist beim Schlafen (mag er nicht), und auch, wie es seinem Kopf geht: je einsamer er ist, desto wankelmütiger wird sein Tun. Er ist unfähig zu tieferen Bindungen, da ihm die Grundlagen dazu fehlen, und das wenige, Flüchtige, was er davon erlebt hat, hinterließ ein Sehnen, das gelegentlich zum alles verzehrenden Hunger wird, unstillbar und grenzenlos.
River haftet etwas Kindliches an, wenn man mal davon absieht, dass er eine Kreatur der Tiefe ist, die seiner offenen, spontanen und anpassungsfähigen Art nicht kollidiert, sondern allem einen Twist gibt. Wer ihn am Ufer von Randall’s Island kleine Schnecken sammeln sieht, um sie an anderer Stelle auf einem großen Stein unter der Oberfläche um die Wette kriechen zu lassen, würde wahrscheinlich nicht vermuten, dass er womöglich in der darauffolgenden Stunde jemandem die Haut vom Gesicht nagen könnte, wenn der kleine Hunger kommt.
Menschliches Essen gibt ihm nichts, aber er liebt Süßes über alles, am liebsten in Fett ausgebackene Sachen wie Donuts, Krapfen, Churros und dergleichen, und es soll schon vorgekommen sein, dass er nur dafür schon getötet hat, wenn man ihm die frühmorgendliche Bestellung beim Bäcker nicht freiwillig überlassen hat. Und er kommt damit durch, lebt bereits länger so, und hat keinen Grund, irgendwas daran zu ändern. Mit jedem Jahr wird er stärker, und testet diese Grenzen auch aus.
Mit anderen Dämonen versteht er sich grundsätzlich ganz gut, meidet sie sogar eher gerade wenn sie älter sind als er selbst, zeigt sich aber auch jüngeren gegenüber eher friedfertig und höchstens ein bisschen frech.
Vampire kann er nicht wirklich ausstehen, sie schmecken nicht, sind arrogant und zu tot für seinen Wohlfühlgeschmack. Er meidet die Älteren, und fängt je nach Laune gern mal Streit mit den Jüngeren an, wenn es sich anbietet.
Shifter hat er nie ganz kapiert, und bislang kaum einen Bezug zu ihnen - die Wassergebundenen unter ihnen mag er gerne, würde einen Wandler in Tiergestalt aber nicht wirklich gut von einem tatsächlichen Tier unterscheiden können.
Hexen kann er nicht einschätzen, hat aber ähnlich wie bei Menschen keine Vorbehalte, was die unmittelbare Nähe angeht. Bisschen wie eine Pralinenpackung, man weiß nie genau was man erwischt – er sieht sie nicht wirklich als etwas anderes als Futter.
Aussehen:
~ klick mich ~ ~ mich auch ~
Sion ist 1,79cm groß bei gerade einmal 73 Kilogramm, und nicht zuletzt einer fast ausschließlich auf Protein basierenden Ernährung geschuldet ist seine Statur gut definiert. Seine Schultern sind nicht übermäßig breit, dank einer sehr schlanken Taille und Hüfte wirken sie allerdings markant. Sein Gesicht wirkt aus der Zeit gefallen, nahezu perfekt symmetrisch, den typischen Mandelaugen seiner Heimat, schmale Nase, volle Lippen – er entspricht gängigen Schönheitsidealen, und sah weder seiner Mutter noch seinem Erzeuger in irgendeiner Form ähnlich. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Dämon der Tiefe, nicht unähnlich von den Sirenen der westlichen Welt, eben jene unverständliche Anziehung des Jenseits ausübt, was es leichter macht, andere in den Tod zu locken. Seine Haare sind dunkel und nahezu wasserfest, sich einmal zu schütteln genügt und sie sind beinahe wieder trocken. Er kümmert sich nicht groß darum, wie sie fallen, einige Strähnen kurz, andere länger, und nur dann eher provisorisch gekürzt, wenn sie anfangen, ihn zu nerven. Während der Farbwechsel brauner Haare zu schwarz scheinend, wenn sie nass werden, vollkommen normal ist, wechselt seine Augenfarbe unter Wasser. Sonst haselnussbraun verändern sie sich binnen Sekunden zu einem schwer definierbaren, hellen graugrün, was mehr Licht erlaubt, die Netzhaut zu treffen – er kann auch noch in vielen Metern unter Wasser, oder bei Nacht etwas sehen, sofern er die Augen unter Wasser öffnet. Bei Regen oder generell an Land funktioniert dieser Mechanismus nicht.
Seine Kleidung wechselt mit dem, was er findet oder sich organisiert. Er mag weite, bequeme Schnitte, die nicht einengen, wie baggy pants, Tanktops, zu große Jacken, Schuhe in die man nur reinschlüpfen braucht. Seit den Siebzigern hat er mehrere Ohrlöcher, und seit den frühen 2010ern eine Tätowierung am inneren rechten Oberarm. Es gibt nur wenige Narben zu finden, die Meisten am Rumpf, die fast ausschließlich unsauber und verzerrt wirken, als wären sie nur deshalb geblieben, weil sie schlecht verheilt sind. Sion hat ein kleines Muttermal unterm linken Auge, das einzige Merkmal, das ihn mit seiner Mutter verband.
Seine Ausstrahlung trägt seinen Gemütszustand üblicherweise ungefiltert nach außen, sowohl den Übermut in energetischer Stimmung, als auch die Reserviertheit, wenn es ihm nicht so gut geht. Hilft auch, stets sofort zu erkennen, wenn er in nicht gerade umgänglicher Stimmung ist – wird er wütend, sieht man das in jeder Faser.
Es ist selten, dass Sion seine dämonische Form annimmt, und es ist üblicherweise eine Extremsituation – Überforderung, Lebensgefahr, Einengung, zu viel mit dem er nicht umgehen kann. Der Dämon ist eine gesichtslose, annähernd humanoide Erscheinung mit transparenter Haut, durch die man jede Ader grünlich blau durchschimmern sieht. Verhüllt ist die etwas ausgemergelte, knapp 2 Meter große Figur von ebenfalls weißem Seidenstoff, der genau wie die Haut stets klitschnass ist als hätte man den Mond von der Oberfläche eines Sees gezogen. Der Schnitt erinnert an einen typischen dapho, ohne die dazu passenden baji. Die Gestalt hat keine Füße, und Körper wie auch Stoff lösen sich kurz über dem Boden in geisterhaften Dunst auf, der sich jedoch nie lichtet – etwas, das klar erkennen lässt, dass dieser Dämon einen Ursprung im Menschlichen hat und auf einem Geist basiert. Das leere Gesicht vermag sich in einen Schlund mit rasiermesserscharfen Zähnen zu öffnen, kräftig genug selbst Knochen zu splitten, die dürren Hände münden in spitz zulaufenden Krallen. Es ist keine Farbe übrig, Haut, Haar und vermeintlicher Stoff in fast transparentem Weiß, nur aufgelockert vom Netz der Adern unter der Haut und Kontrasten im schulterlangen Haar, die an Seegras oder Algen erinnern.
Spezielle Begabung:
Die meisten Besonderheiten beschert - logischerweise – die Tatsache, dass er ein vollblütiger Dämon ist. Als Geschöpf des Wassers ist dieses logischerweise sein Element: er kann beliebig lang unter Wasser bleiben, seine Lungen sind imstande Sauerstoff aus Luft und Wasser gleichermaßen aufzunehmen, lediglich die Atemfrequenz passt sich an. Auch in menschlicher Gestalt vermag sich Sion schneller durch Wasser zu bewegen als jedes andere Lebewesen, wofür er nicht schwimmen muss, es erinnert eher an ein fließendes Schweben, als gäbe es keinen Wasserwiderstand für ihn. Haut und Haare sind wasserfest und weichen auch nach Stunden nicht auf.
Außerdem vermag er, mit dem Wasser eins zu werden. Hierbei reicht eine Wasseroberfläche von etwa 2 Quadratmetern, in der er verschwinden kann, unabhängig davon ob es nur eine Pfütze ist – die Oberfläche ist wichtig, nicht die Tiefe des Wassers. Bis auf einen leichten, trübweißen Schleier ist nicht zu erkennen, dass mit dem Wasser etwas komisch ist, und er kann sich bis zu 10 Minuten in diesem Zustand der Nichtstofflichkeit aufhalten – in Dämonenform unbegrenzt. In dieser Form ist er nicht greifbar, kann aber umgekehrt auch nichts berühren, und ist extrem anfällig gegenüber Salz, Eisen und dergleichen, da seine Essenz bloßliegt.
Auch in menschlicher Gestalt ist Sion in der Lage, seine Hände und seine Kiefer dem Dämon anzupassen, ergo sich langer Krallen oder Reihen dolchartig scharfer Zähne zu bedienen, wenn er in Menschenform gerne beißen und kratzen möchte. Diese Teiltransformation geht zwar sehr schnell, ist aber auch während der gesamten Dauer des Bestehens ziemlich schmerzhaft, weshalb er es dennoch nicht leichtfertig auspackt als Waffe.
Zum Beutefang verwendet er allerdings eher andere Taktiken. Seine Stimme ist imstande, eine Frequenz anzunehmen, die auf gewöhnliche Menschen betörend wirkt, egal ob er spricht oder singt, und die selbst die Aufforderung ihm ins Wasser zu folgen total logisch und sinnvoll erscheinen lässt. Auch andere Spezies können diesem Einfluss erliegen, wenn sie nicht aufpassen, können aber mit bereits geringem Widerwillen problemlos erkennen, dass hier ein übernatürlicher Einfluss stattfindet, und sich mit etwas Willenskraft auch gegen diesen behaupten. Es ist nicht dazu ausgelegt, Vampire, andere Dämonen und dergleichen zu beeinflussen – es schlägt nur dann an, wenn die betroffene Kreatur schon vorher akut suizidal war. In dem Fall gibt es kaum ein Entrinnen.
Seine wasserfeste Haut enthält so viel Feuchtigkeit, dass er theoretisch für kurze Zeit auch einem regulären Feuer (also ein Holzfeuer o.ä.) widerstehen könnte, bis sie austrocknet und dieser Vorteil rapide ins Gegenteil kehrt.
Als Dämon ist er schwer zu vernichten, und erholt sich selbst von schwereren Verletzungen mit genug Zeit und Versorgung vollständig. Auch verfügt er über die rassetypische Telepathie der Dämonen, auch wenn jeder erstmal selbst Schuld ist, sich in seinen Kopf mit einzuklinken.
Der Dämon nährt sich von lebenden Seelen, der menschliche Körper sich von Fleisch. Sion braucht kein menschliches Essen, und verwertet in der Regel die Körper derer, die so unglückselig waren, ihm in die Falle zu gehen. Selbst an Land gerissene Beute zerrt er lieber ins Wasser und beschwert die Leichen am Grund, um längere Zeit von ihnen zehren zu können – verschwendet wird nichts.
Sion selbst ist ständig in Bewegung, wenn er nicht gerade schläft, durchtrainiert und deutlich kräftiger, als er wirkt. Er zeichnet sich durch Flexibilität aus, für die andere Jahre trainieren müssten, und ist kräftig genug, das Dreifache seines eigenen Körpergewichts zu stemmen, ohne sich groß anzustrengen. Damit ist er nicht übermäßig stark im Vergleich zu seinen Artgenossen, allerdings ist der Mul Gwisin dafür auch gar nicht ausgelegt.
Stärken:
Sion spricht koreanisch und englisch, und hat sich keine Mühe gegeben dieses Repertoire zu erweitern.
Er lebt ein Leben ohne Reue. Was passiert passiert, und es hält ihn weder zurück noch bewegt es ihn zur Veränderung. Dieser Ansatz macht ihn erstaunlich anpassungsfähig, und mental stabiler, als man es seiner wankelmütigen Art zutrauen würde. Auch ist er sicher kein Kind von Traurigkeit, so lang seine Grundbedürfnisse befriedigt sind.
Er ist kreativ im Sinne eines Überlebenskünstlers, hat sich die Welt größtenteils selbst erschlossen und unkonventionelle Ansätze sind an der Tagesordnung, was ebenfalls in seine Anpassungsfähigkeit reinspielt – er kann mit vielem umgehen und sich arrangieren, auch mit erheblichen Einschnitten in die Lebensqualität, sofern es etwas ist, das jenseits seiner Kontrolle liegt – Kriege, Krankheit, sowas.
Auch lebt er seit Ewigkeiten nach dem Gesetz der Straße – eine richtige Kampfausbildung hat er nie genossen, aber wenn es darum geht, sich mit dreckigsten Methoden zur Wehr zur setzen, unbewaffnet oder nicht, macht ihm keiner was vor. Seine Agilität und fast unnatürliche Flexibilität leisten dazu ebenfalls einen Beitrag.
River hat ein sogenanntes perfektes Gehör. Er hat nie Musiktheorie gelernt, aber auch ohne kann er bestimmen, ob ein Ton identisch mit einem anderen ist oder nicht, kann bestimmte Schiffe allein an derem Motorenklang erkennen, und Melodien perfekt imitieren, wenn er sie einmal gehört hat.
Schwächen:
Der Mul Gwisin ist von Natur aus eine sehr einsame Kreatur. Holt zu sich in die Tiefe, was er am Meisten wünscht, doch außer ihm überlebt dort eben nichts. Ein Teufelskreis, der durch nichts zu durchbrechen ist als ein endloser Kreislauf aus Sehnen, Freude und Trauer. Ihm fehlt jegliches soziales Geschick, das erlauben würde, tiefere Bindungen einzugehen, und er schätzt Situationen deshalb auch manchmal völlig falsch ein.
Seine dämonische Gestalt ist nur teilweise stofflich und kann lediglich mit Eisen, Salz oder böse Geister beschwichtigenden Reliquien verletzt werden. Ebenso vernichtend auf einer anderen Ebenen sind die gesprochenen oder gesungenen jesa, Begräbnisriten des koreanischen Schamanismus, allerdings unterscheidet sich der Inhalt nicht zu sehr von den Riten anderer Kulturen, sodass auch jene Fürbitten anderer Religionen ihn theoretisch schwächen können. Passiert das, zwingt es erst seine menschliche Gestalt in die Dämonische, und hält der Prozess an ohne Möglichkeit zu entkommen, kann der Mul Gwisin ausgetrieben werden. Da Sion nicht besessen, sondern der Dämon höchstselbst ist, würde das seinen Tod bedeuten.
Salz ist hierbei der empfindlichste Schwachpunkt. Kommt eine größere Menge als zum Beispiel das, was auf verschwitzter menschlicher Haut normal vertreten ist, mit seiner nackten Haut in Kontakt, zerfrisst es je nach Menge recht schnell seine Hautbarriere und kann das darunter liegende Gewebe schädigen, wenn es noch immer nicht abgewaschen wurde. Diese Wunden heilen schlecht und nicht schneller als Verätzungen bei einem Menschen sich wieder schließen würden. Generell ist alles, was seine natürliche Hautbarriere zerstört, sei es Salz, stark basische oder saure Substanzen oder schlicht scharfe Gegenstände, gefährlich, da diese ihn überhaupt erst vor Infektionen und Umwelteinflüssen schützt – im Wasser unabdingbar. Auch reines, unlegiertes Eisen ist seit Jeher etwas, das der Abwehr von Geistern dient, es hat zwar keine Aura, die ihm auf Distanz schadet, aber die Berührung entzieht ihm die Energie bis nichts mehr übrig ist und kann ihn in einen Zustand betäubter Paralyse versetzen, der in letzter Instanz sogar tödlich sein kann, wenn er darüber hinaus noch weiter dem Eisen direkt ausgesetzt ist. Weihwasser hingegen macht ihm nichts aus.
Darüber hinaus ist es nur logisch, dass Elektrizität ihm mehr schadet als anderen Kreaturen. Was für einen Menschen unangenehm ist wie eine vom Einkaufswagen gewischt zu kriegen, tut ihm schon ziemlich weh, und ein handelsüblicher Taser würde ihn ohne Aufhebens aus dem Bewusstsein klatschen. Umbringen kann es ihn nicht direkt, aber es ist hochgradig unangenehm und vermag kurzzeitig zu lähmen oder gleich auf die Bretter zu schicken.
Menschenessen kann River zu sich nehmen, solang es nicht zu salzig ist (alles über 4% Salz auf 100g Lebensmittel ist unangenehm und bei größerer verzehrter Menge stark schwächend), aber es gibt ihm nichts, und er könnte damit nicht lang überleben. Wenn er könnte, würde er aber durchaus seinen Energiebedarf allein mit Süßkram decken.
Hinzu kommt, dass der technische Fortschritt an ihm größtenteils vorbei gegangen ist. Schiffe sehen anders aus, Telefonhäuschen auch, und Kameras sagen ihm zumindest was, doch was ein Handy oder ein Fernseher sein soll? Bedienen kann er nichts davon. Wozu auch, als jemand, der mehr als 80% seines Lebens im Wasser verbracht hat?
Lebenslauf:
Namhan River, Chungju, Joseon; 1596 n. Chr.
Japanische Invasoren verfolgen ein Pferd entlang der bildschönen Landschaft entlang dem Namhan-gang. Der Reiter, ein kaum sechzehnjähriger Fürstensohn, der nur knapp dem Massaker an seiner Familie entkam, hält sich gerade so noch im Sattel. Ein Pfeil bringt den Falbhengst schließlich zu Fall, und die Verfolger holen den verletzten Prinzen ein. Er stirbt, langsam und qualvoll, und nachdem sie seine Taschen mit Steinen gefüllt haben, versenken die Invasoren den Leichnam im Fluss. Die Überreste des seiner Zukunft beraubten Fürstensohnes wird nie gefunden.
Namhan River, Chungju, Joseon; 1882 n. Chr.
Moon Ji-hye steigt in die eiskalten Fluten des Namhan-gong. Die junge Frau ist bildschön, keine 18 Jahre alt, und schwanger – unverheiratet. Sie unterzieht sich dem von ihrem Vater verlangten Reinheitsritual, um die Familienehre wieder herzustellen, ehe sie verstoßen wird. So jedoch wird sie wenigstens mit ihren wenigen Habseligkeiten gehen können, und nicht halbtot vom Hof gejagt … wenn sie es übersteht. Fast eine Stunde harrt sie in den eiskalten Februarfluten aus, während eine mudang die Zeremonie abhält - bis sie meint, einen leisen Gesang zu hören. Der Namhan ist Heim von Mul Gwisin, jeder weiß das, doch in dem Moment lässt diese Umfokussierung die beißende Kälte und die Frostbeulen erträglich werden. Die Stimme spricht sanft, aber traurig, bittet sie, zu ihm zu kommen, in die Tiefe, wo es dunkel ist und still, und nichts mehr wehtut. Sie spürt etwas wie eine warme Berührung an den längst halb erfrorenen nackten Füßen, vorsichtig und sanft. Das Leben, das sie erwartet, wird nicht schön. Sie nickt, und stimmt leise zu. Doch statt dass der gwisin sie mit sich in die Tiefe holt, verschwindet die Berührung. Ihr Körper wird warm, die Schäden der Kälte verblassen, und lediglich ein etwas seltsames Gefühl im Unterbauch verbleibt. Sie verlässt den Namhan River wenige Minuten später, wider Erwarten lebendig, und auch das Kind in ihrem Leib wächst weiter. Ji-hye wird in den nächsten drei Tagen ihre Sachen packen, sich von ihrer Mutter verabschieden, und auf ihrem Maultier Dwaekki nach Westen aufbrechen. Mit Beginn des Frühlings erreicht sie die kleine Hafenstadt Incheon, und im Sommer kommt ihr Sohn zur Welt. Sie nennt ihn Si-on.
In einem kleinen Krankenhaus nahe des Hafens kam am 3. Juli 1882 Si-on zur Welt, ziemlich blass und mit fast weißen Haaren, die wie auch seine Augen erst mit den Monaten dunkler wurden. Ein Baby, das nicht schrie, aber sehr früh plapperte. Nicht besessen, und doch kein Halbdämon, Spross zweier Menschen ohne einen Funken Magie in sich, und doch mit jeder Zelle ein Dämon. Sions Mutter hatte nicht sich selbst dem Mul Gwisin verschrieben, sondern ihr Ungeborenes – zu einer Zeit, wo dessen Lungen noch nicht einmal selbstständig atmen mussten, und die Tiefe und Dunkelheit erschuf, statt zu ertränken. Damit wuchs ein Baby heran, das in jeder Faser mit der Essenz des lange Toten verschmolz, dessen schwache Seele vollkommen resorbiert wurde, und geboren wurde ein Wiedergänger, die Essenz aus alter Zeit, in neuer Form zum Leben erweckt.
Ji-hye hatte Arbeit am Hafen gefunden, gelogen über den Kindsvater (im Winter einer Krankheit erlegen), und baute sich ein Leben auf, mit dem kleinen Stöpsel stets auf ihrem Rücken. Ein einfaches Leben, in einer kleinen Stadt am Meer. Si-on wuchs heran zu einem ungewöhnlich großen, etwas schwierigen Kind. Bis auf ein Muttermal ähnelte er weder seiner Mutter noch seinem Vater, auch wenn er letzteres nur von ihrer eigenen Aussage wusste. Schon mit neun hatte er mehrmals Probleme wegen kleineren Diebstählen, galt als extrem impulsiv und mäklig mit dem Essen, und der Verdacht, dass er ein Dämon war, kursierte schon früh durch Incheon. Aufgrund seines zunehmend auch aggressiven Verhaltens wuchs der Druck von außen, weder eine Schulbildung konnte Ji-hye ihm ermöglichen noch fand er Anschluss an Gleichaltrige. Er war ständig müde, ständig hungrig und gereizt.
Zumal an Ji-hyes Geschichte immer mehr Zweifel aufkamen, dass sie vormals liiert und Si-on damit ein legitimes Kind wäre. Als 1888 ein amerikanisches Schiff im Hafen von Incheon einlief, das bei einem Sturm nach dem Auslaufen aus einem chinesischen Hafen beschädigt wurde, änderte sich jedoch das Schicksal. Die junge Koreanerin bandelte mit einem jungen Reeder an, der sich häufiger im Hafenviertel zeigte, und es kam, wie es sich jede junge Frau gewünscht hätte dieser Zeit: er versprach, sie mit nach Amerika zu nehmen. Sie, und ihren dereinst sechsjährigen Sohn, dessen Widerwillen gegen diesen Fremden spätestens nach dem dritten geschenkten Bonbon keine deutliche Ausprägung mehr fand.
Und so ging es nach der Reparatur des Handelsfrachters über den großen Teich. Nach Wochen auf See, bei denen Ji-hye mit dem Reeder James Morgan aufrichtig anbandelte trotz massiver Sprachbarriere, erreichten sie Los Angeles, die Heimatstadt des Reeders. Seine Mutter heiratete diesen Mann, und damit wurde Si-on zu Sion und bekam nach damals geltendem Recht die Staatsbürgerschaft. Die durch und durch korrupte Stadt erlaubte einen ausschweifenden Lebensstil der jungen Familie, und es ließ sich gut kaschieren, was aus Sion wurde. Je älter er wurde, desto schwieriger wurde der Umgang mit dem Heranwachsenden. Er bekam Privatunterricht, um Englisch zu lernen, und terrorisierte seine Lehrer. Als er auf einem Stand war, dass er in eine normale Schule (dereinst noch eine reine Jungenschule) gehen konnte, terrorisierte Sion seine Mitschüler und Lehrer, ein bildhübsches Kind, das biss, schrie, bei der kleinsten Provokation detonierte, aber im nächsten Moment artig auf dem Platz blieb und seine Aufgaben machte. Es wurde schwieriger, als Sion älter wurde, er entfremdete sich immer mehr von seiner Mutter, spurte nur deshalb bei seinem Stiefvater, weil dieser ihm alles gab was er wollte, und schien lediglich mit seiner kleinen Halbschwester Summer ein gutes Verhältnis aufzubauen. Sie wurde geboren, als er zwölf Jahre alt war, und vier Jahre später folgte Halbbruder Michael. Mit der Pubertät ging der Dämon nicht mehr zur Schule. Trieb sich ständig am Hafen herum, Gerüchte von verschwundenen Dockarbeitern und Fischweibern kamen auf. Zur selben Zeit schoss der Halbstarke in die Höhe, die kränkliche und ständig müde Erscheinung wurde kräftig. Sion fand heraus, was er war – nicht als Name oder Bezeichnung, sondern durch das, was er konnte, so instinktiv wie ein Vogel irgendwann die Flügel ausbreitet und das Nest verlässt, auch ohne zu wissen, wieso. Mit kaum 16 zog er sein erstes Opfer in die Tiefe des Hafenbeckens von Los Angeles, sog ihr die Seele aus, und fraß sich an der Leiche satt. Niemand fragte danach, wo denn nun eins der leichten Mädchen verschwunden war – vermutlich dachte man, sie sei mit irgendeinem Matrosen durchgebrannt. Weitere folgten, und die Meisten wurden nie gefunden.
Sion beendete die Schule nie, kam nur unregelmäßig heim, und wenn, dann eigentlich nur, um sich ein bisschen mit seiner kleinen Schwester zu befassen. Sein Stiefvater versuchte bestmöglich, ihn in der Reederei zu beschäftigen, manches Mal begleitete Sion sogar Schiffsfahrten entlang der amerikanischen Küste – was nur so lala funktionierte und einiges kostete, wenn sein Wankelmut sich an der Crew entlud.
Er war 24, als Summer starb und Los Angeles in Schutt, Asche und Rauch versank. Am 18. April 1906 traf ein Erdbeben der Stärke 7,8 die Stadt, zerstörte Gasleitungen, und noch mehrere Tage lang wütete ein Feuer durch das Stadtgebiet. Das Morgan-Anwesen verfügte über eigene Leitungen … und brannte schon kurz nachdem die Beben verebbt waren. Summer war bei Sion, als alles panisch auseinander stob, und ihr ängstliches Klammern weckte den Instinkt. Das Sehnen, dass sie die Leere füllen könnte. Sie tat es, im Pool des Anwesens, wo die Flammen sie nicht erreichen konnte, doch auch ihre Seele vertrieb die Einsamkeit nur für wenige Tage. Nicht lang, nachdem das Kind beerdigt wurde unter der Annahme, sie habe sich vor Angst ins Wasser gerettet und sei dort ertrunken, war es bereits vergebens. Die Familie verließ Los Angeles, der Weg führte nach Baltimore. Seine Mutter hatte Summers Tod gebrochen, sie wurde nie wieder dieselbe. Sein Vater überstand den vier Jahre später folgenden Tod Michaels nicht – der Zehnjährige wurde nahe Fells Point im Hafenbecken treibend gefunden, leblos und mit tiefen Fleischwunden. James Morgan erschoss sich 8 Monate später in seinem Büro. Sions Mutter erbte alles, und lebte noch lang genug, die Reederei zu verkaufen und alles davon zu spenden. Sie vertraute sich ihrem ältesten Sohn an, was sie getan hatte, und dass sie glaubte, die ganzen Vorfälle in der Familie seien der Fluch, den sie sich aufgeladen hatte mit seiner unehelichen Zeugung, und dem Flüstern, von dem sie sich nicht mehr sicher war, ob es ein guter Geist gewesen war, der sie dereinst berührte. Sie bekam bald Gewissheit über das, was passiert war, mit ihrem Sohn, der aufgehört hatte zu altern. Sion fühlte sich besser, nach zwanzig Jahren war es endlich wieder wie vorher – nur er und seine Mutter. Für eine ganze Weile war alles gut. Ihre Nähe und Zuwendung beschwichtigte nicht alles, aber es war genug, es reichte, um eine Weile halbwegs normal zu leben, Ji-hye noch lang in tiefer Trauer über die verlorene Familie, aber ihr Ältester war da, blieb, brauchte sie auch immernoch. Im Familienanwesen, unentdeckt in seinem Tun mit den gelegentlichen Toten, die verschwanden und nie wieder auftauchten, kümmerte er sich noch weitere 22 Jahre um seine Mutter, bis diese im Alter von 67 Jahren dann starb. Die Welt schrieb das Jahr 1932, und die Einsamkeit kam, um zu bleiben. Der Dämon längst vergessener Zeit verlor die, die ihn aus nassem Grab befreit hatte, und Sion seine Mutter. Einige Jahre lebte er noch im nun leeren Haus im besseren Viertel von Baltimore, einer nach dem Anderen der Angestellten verschwand oder ging, und das Anwesen überwucherte, vernachlässigte, verfiel.
Als die Kriegsschiffe sich 1940 an den Buchten der Ostküste zusammen zogen, und die Welt zunehmend wieder im Chaos versank, ließ Sion Baltimore hinter sich, und folgte der Schlachtflotte der US-Marine nach Hawaii. Zuerst kamen die Gerüchte auf der Maryland (BB-46) auf. Nachtwachen verschwanden, jene die ungeplant herumwanderten berichten von seltsamen Geräuschen auf offener See, was wie Gesang klang, was jedoch nicht sein konnte. Fünf der knapp 600 Mann Besatzung erreichten Pearl Harbor nie, und es wurde vermutet, sie seien betrunken über Bord gegangen oder verunglückt. Auch auf anderen Schiffen wie der Nevada (BB-36) hielten sich Geschichten über etwas, oder jemand, der Seeleute ins Verderben stürzte. Für Sion eröffnete sich eine neue Welt. Das offene Meer war weniger vertraut, und der Salzgehalt war stellenweise fast zu viel fürs Wohlbefinden, aber so faszinierend und voller Leben. Eine Tiefe, die niemals leer und einsam war, mit Kreaturen, die ihn als Futter sahen, nicht umgekehrt. Auch ermüdend, bot der Ozean für ihn doch wenig Ruheorte, aber es war ein großes Abenteuer … und den Ausflug wert. Die tropischen Gewässer um Hawaii? Ein Traum. Pearl Harbor? So viele Betrunkene die nachts von der einzigen Kneipe am Hafen zurück wankten, allzu leicht beeinflusst. Der Angriff auf Pearl Harbor, der den Hafen in Blut und Öl tränkte? Ein Festmahl, das den jungen Dämon kräftemäßig ins Unermessliche pushte für eine noch so junge Kreatur. Er kam kaum hinterher, die Seelen aus dem Wasser zu fischen, ehe das Wasser sie aus den panisch rudernden Körpern spülte.
Einige Jahre noch blieb Sion, und richtete sich in der Arizona häuslich ein, die auch heute noch als Memorial vor Ford Island trieb. Mit einem Zugang unter Wasser, und noch vielen Räumen die trocken geblieben waren, war das ein perfekter Unterschlupf. Eine ganze Zeit brauchte er keine weitere Nahrung, nachdem das Chaos um Battleship Row geendet hatte, erholte sich, und erst zwei Jahre nach Ende des Kriegs begleitete er ein australisches Passagierschiff, das auf dem Weg nach Vancouver, Kanada war. Reiseproviant sozusagen.
Bis ganz so weit begleitete er das Schiff nicht, sondern fand in der Flussmündung des Columbia River einen wunderschönen Ort, an dem er bleiben wollte. Für ein bisschen, zumindest, eine schmale Bucht mit kleinem Strand, nur über einen steilen Abhang vom Landesinneren zu erreichen. Sie wurde später Deadman’s Cove getauft, als in den 1980ern die kleine Höhle in der Klippe gefunden wurde, die skelettierte Reste von über 70 Individuen beinhaltete, welche über den Lauf der Jahre in der Region verschwunden waren – Fischer, Wissenschaftler, Touristen, einige Einheimische, aus der Zeit wo sie sich noch nicht von Deadman’s Cove wussten fernzuhalten. Mit der Entdeckung seines Verstecks verschwand Sion wieder, der sich seit dieser Zeit auch River nannte. Wie der Fluss, an dem er so lang gelebt hatte, stetig in Bewegung, stetig gleich. Er folgte dem Columbia River stromaufwärts, hunderte Kilometer, dann entlang des Snake River bis in den Grand Teton Nationalpark. Dann North Platte, und dann folgte er dem Missouri River bis nach Saint Louis. Eine Reise, die Jahre dauerte, ihm die schönsten Orte der Staaten zeigte, unzählige Bekanntschaften, die nicht immer tödlich endeten, wohl aber stets zu früh, um mehr zu lernen als die grundlegensten Dinge darüber, wie man Menschen nicht sofort verschreckt. Die Campingsaison mochte er am Liebsten, die Familien mit Kindern und Barbecue-Grills neben ihren Zelten, die ihn manchmal einluden, wenn er nicht gerade mal wieder keine Kleidung hatte, mit der man das Wasser auch verlassen konnte. Es erinnerte vage an früher.
In den späten Achtzigern erreichte er den Ohio River. Der Weg ging zwar Flussaufwärts, aber etwas zog ihn weiter nach Nordost. Von Ohio aus ging es sogar ein Stück überland, was dank der vorherrschenden Anhalter-Kultur gar nicht mal so schwer war. 1991 kehrte er zurück nach Baltimore. Oder etwas Ähnliches.
Knapp sechzig Jahre später erkannte River die Stadt nicht wieder, die er als Sion verlassen hatte. Wo das letzte Heim seiner Mutter gestanden hatte, war jetzt ein Einkaufszentrum und ein Parkplatz, der Friedhof mit ihrer Asche verlegt worden. Wohin, das fand er nie heraus. Einige Monate währte der Killing Spree, mit dem die Wut über die freudlose Heimkehr verarbeitet wurde, und einige weitere Jahre verblieb er im Loch Raven Reservoir. Er freundete sich unerwartet kurz vor der Jahrtausendwende mit einem anderen Jungdämon an – seine Artgenossen interessierten ihn sonst nicht, doch dieser hier war anders. Eine Kreatur der Tiefe, so wie er, direkter Nachkomme des Leviathan in vierter Generation, und nebenberuflich Tourguide für Kanuten auf dem Loch Raven Reservoir. Zum ersten Mal hatte er so etwas wie einen Freund, jemand der vorsichtiger und menschennäher war als er selbst, und doch an den Grund des Reservoirs mitkam, um nach verlorenen Sachen und Dingen vergangener Zeit zu suchen. Eine Freundschaft, die nicht lang hielt – trotz der Gemeinsamkeiten hielt auch ein Leviathan nichts davon, wenn das eigene Business durch zu viele Tote gefährdet wurden, weil die Gäste ausblieben. River hingegen verstand das Problem nicht, und musste letztlich verschwinden, als der Konflikt eskalierte. Es waren doch bloß Menschen..?
Nach einiger Zeit in den Küstengewässern des Atlantiks, ohne Antwort darauf, was denn nun falsch gelaufen war, zog es ihn nordwärts. Atlantic City war zu klein, die Methoden wurden moderner, und er musste sich daran anpassen, gewisse Dinge nicht mehr offen tun zu können. So ganz hat er das Konzept von Kameras bis heute nicht kapiert, folgt aber der Grundregel ‘wo es dunkel ist, sehen technische Geräte auch nichts’. Wenn es zu heikel wird, zieht er weiter, Seaside Heights, Long Branch, und dann folgte New York.
Seit 2011 also nennt er die Gewässer um die Großstadt herum sein Zuhause, auch wenn der tatsächliche Aufenthaltsort variiert – die Hurricans Irene und Sandy war nicht gerade sein Favorit, ihre Wut wartete er auf dem offenen Meer ab und erntete die verloren gegangenen Seelen ab, die so blöd waren, sich in Booten und Schiffen befunden zu haben und über Bord zu gehen. Auch hier in New York blieb er stets in Bewegung, zog von der Jamaica Bay an die Great South Bay weiter und umrundete mit den Jahren Long Island einmal komplett, bis er jetzt, 2017, in der Flushing Bay nahe dem LaGuardia Flughafen angekommen ist. Die Jagd wird schwieriger, der Fortschritt schwieriger aufzuholen, den die Technik den Leuten gibt. Aber er kommt zurecht, und beginnt auch allmählich, wieder an Land mehr Fuß zu fassen.
Geboren als Moon Si-on, doch mit der Hochzeit seiner Mutter wurde daraus der Nachname Morgan, und mit der Einbürgerung wurde entschieden, den Bindestrich des Vornamens wegzulassen.
Fragt man jedoch, wie er heißt, ist die Antwort eine andere: River.
Geburtstag & -ort | Alter:
Sion wurde in einem ganz normalen Krankenhaus in Incheon, heutiges Südkorea, geboren. Damals war die heutige Großstadt jedoch nunmehr eine kleine Hafenstadt mit knapp 5000 Einwohnern, als er am 3. Juli 1882 dort zur Welt kam. Damit ist er bald 135 Jahre alt.
Alter laut Aussehen:
Anfang 20
Rasse:
Dämon; Unterart Mul Gwisin
Über Mul Gwisin
Spoiler:
Familie:
Moon Ji-hye
Seine menschliche Mutter, die bis zum Schluss nicht wusste, was sie in die Welt gesetzt hat. Sie war von Anfang an mit Sion überfordert, einem Kind, das es nicht hätte geben sollen, und tat doch ihr Möglichstes, ihm ein gutes Leben zu bieten.
James Morgan
Der wohlhabende Reeder aus Los Angeles heiratete seine Mutter, als Sion keine paar Jahre alt war. Sion baute zu seinem Stiefvater nie eine gute Beziehung auf, doch da er stets bekam was er wollte, ging diese Konstellation viele Jahre gut.
Summer Morgan
Sions Halbschwester, geboren 1894. Nach außen hin das Ein und Alles ihres älteren Bruders, wurde das Mädchen doch keine 12 Jahre alt.
Michael J. Morgan
Sions Halbbruder, geboren 1898. Größtenteils ignoriert, später schikaniert wurde auch dieses Geschwisterchen nicht älter als 10 und folgte damit seiner Schwester vorzeitig ins Jenseits.
Zöglinge:
-
Erschaffer:
-
Wohnort:
Sion, eher bekannt als River, wäre eigentlich obdachlos zu nennen. Das stimmt aber nicht ganz, da er sich unter einer der Brücken über dem Flushing Creek, der tief in Queens hinein reicht, einen Unterschlupf gebaut hat.
Beruf:
Der Dämon lebt von dem, was er findet, oder sich nimmt. Seltener hilft er bei der nahe gelegenen Marina aus, wenn es an den Putz der Yachten für ein paar Dollar geht, bettelt, oder bietet nahegelegenen Golfplätzen und Grünflächenbesitzern an, ihnen Golfbälle und Müll aus ihren Teichen, Pools und Tümpeln zu holen.
Gesinnung:
chaotisch
Es ist schwer, River ein Label zu geben. Sein Wesen ist widersprüchlich, sein Handeln inkonsequent. Fragt man fünf verschiedene Personen, ob er ein guter oder schlechter Kerl ist, wird man vermutlich acht verschiedene Antworten bekommen und viele 'kommt drauf an's.
Charakter:
River ist Widerspruch und Naturgewalt, ambivalent wie das Meer und doch persistent wie ein Fluss, der sich durch das festeste Gestein zu fressen vermag. Logik und Contenance spielen in seinem Dasein keine große Rolle, und die einst gelernten sozialen Grenzen sind in den letzten Jahrzehnten so weit verwaschen, dass es gerade noch reicht, um in einer Menschenmenge nicht als der verrückte Junkie angestarrt zu werden. Seine Ausstrahlung variiert, mal unauffällig, anschmiegsam, sachtes Schwappen um den Kiel eines Ruderboots, mal einnehmend, rau und einschüchternd wie ein Sturm auf offener See – und unstet, was im einen Moment gesetzt scheint, ist im nächsten schon wieder ganz anders. Er ist nicht greifbar, keine Substanz, nur Emotion, die aus dem Moment entspringt, und zeigt offen, was er denkt und fühlt. Es passiert selten, dass er sich an etwas festhält, jede Begegnung mit ihm ist das erste Mal, und dass er einen Groll hegt, ist ebenfalls äußerst selten und in der Regel mit einschneidenden Erlebnissen verknüpft. River existiert losgelöst von anderen, braucht niemanden, und sucht Nähe nur, wenn er sie will – und dann stets heftig, überwältigend, eine rogue wave, die aus dem Nichts alles mit sich reißt, um danach nur Leere zurück zu lassen. Er kann unsäglich einnehmend sein, ausgelassen, fröhlich, im nächsten Moment still und undurchdringlich. Er lebt einfach, nimmt sich was er will und macht sich keine Gedanken über das Morgen, lässt sich nichts bieten und keine Chancen ungenutzt. Ein führendes Motiv hatte er noch nie, und lebt, weil er es kann. Für einen Dämon, der seinen Ursprung im 14. Jahrhundert hat, bietet die Moderne so viel Neues, nicht immer gut, aber stets spannend, er ist sehr leicht von etwas zu begeistern bis er entschieden hat, ob er es toll oder kacke findet. Er probiert aus, und lernt extrem schnell, sofern es etwas ist, das sich halbwegs logisch oder emotional kapieren lässt. Er ist sozial unangepasst, hat keinen Filter, und operiert nicht auf Basis von Werten und Normen, sondern allein seinem eigenen Gefühl. Und dieses variiert mit der Tagesform, ob es regnet (mag er), ob eine Fähre zu nah gekommen ist beim Schlafen (mag er nicht), und auch, wie es seinem Kopf geht: je einsamer er ist, desto wankelmütiger wird sein Tun. Er ist unfähig zu tieferen Bindungen, da ihm die Grundlagen dazu fehlen, und das wenige, Flüchtige, was er davon erlebt hat, hinterließ ein Sehnen, das gelegentlich zum alles verzehrenden Hunger wird, unstillbar und grenzenlos.
River haftet etwas Kindliches an, wenn man mal davon absieht, dass er eine Kreatur der Tiefe ist, die seiner offenen, spontanen und anpassungsfähigen Art nicht kollidiert, sondern allem einen Twist gibt. Wer ihn am Ufer von Randall’s Island kleine Schnecken sammeln sieht, um sie an anderer Stelle auf einem großen Stein unter der Oberfläche um die Wette kriechen zu lassen, würde wahrscheinlich nicht vermuten, dass er womöglich in der darauffolgenden Stunde jemandem die Haut vom Gesicht nagen könnte, wenn der kleine Hunger kommt.
Menschliches Essen gibt ihm nichts, aber er liebt Süßes über alles, am liebsten in Fett ausgebackene Sachen wie Donuts, Krapfen, Churros und dergleichen, und es soll schon vorgekommen sein, dass er nur dafür schon getötet hat, wenn man ihm die frühmorgendliche Bestellung beim Bäcker nicht freiwillig überlassen hat. Und er kommt damit durch, lebt bereits länger so, und hat keinen Grund, irgendwas daran zu ändern. Mit jedem Jahr wird er stärker, und testet diese Grenzen auch aus.
Mit anderen Dämonen versteht er sich grundsätzlich ganz gut, meidet sie sogar eher gerade wenn sie älter sind als er selbst, zeigt sich aber auch jüngeren gegenüber eher friedfertig und höchstens ein bisschen frech.
Vampire kann er nicht wirklich ausstehen, sie schmecken nicht, sind arrogant und zu tot für seinen Wohlfühlgeschmack. Er meidet die Älteren, und fängt je nach Laune gern mal Streit mit den Jüngeren an, wenn es sich anbietet.
Shifter hat er nie ganz kapiert, und bislang kaum einen Bezug zu ihnen - die Wassergebundenen unter ihnen mag er gerne, würde einen Wandler in Tiergestalt aber nicht wirklich gut von einem tatsächlichen Tier unterscheiden können.
Hexen kann er nicht einschätzen, hat aber ähnlich wie bei Menschen keine Vorbehalte, was die unmittelbare Nähe angeht. Bisschen wie eine Pralinenpackung, man weiß nie genau was man erwischt – er sieht sie nicht wirklich als etwas anderes als Futter.
Aussehen:
~ klick mich ~ ~ mich auch ~
Sion ist 1,79cm groß bei gerade einmal 73 Kilogramm, und nicht zuletzt einer fast ausschließlich auf Protein basierenden Ernährung geschuldet ist seine Statur gut definiert. Seine Schultern sind nicht übermäßig breit, dank einer sehr schlanken Taille und Hüfte wirken sie allerdings markant. Sein Gesicht wirkt aus der Zeit gefallen, nahezu perfekt symmetrisch, den typischen Mandelaugen seiner Heimat, schmale Nase, volle Lippen – er entspricht gängigen Schönheitsidealen, und sah weder seiner Mutter noch seinem Erzeuger in irgendeiner Form ähnlich. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Dämon der Tiefe, nicht unähnlich von den Sirenen der westlichen Welt, eben jene unverständliche Anziehung des Jenseits ausübt, was es leichter macht, andere in den Tod zu locken. Seine Haare sind dunkel und nahezu wasserfest, sich einmal zu schütteln genügt und sie sind beinahe wieder trocken. Er kümmert sich nicht groß darum, wie sie fallen, einige Strähnen kurz, andere länger, und nur dann eher provisorisch gekürzt, wenn sie anfangen, ihn zu nerven. Während der Farbwechsel brauner Haare zu schwarz scheinend, wenn sie nass werden, vollkommen normal ist, wechselt seine Augenfarbe unter Wasser. Sonst haselnussbraun verändern sie sich binnen Sekunden zu einem schwer definierbaren, hellen graugrün, was mehr Licht erlaubt, die Netzhaut zu treffen – er kann auch noch in vielen Metern unter Wasser, oder bei Nacht etwas sehen, sofern er die Augen unter Wasser öffnet. Bei Regen oder generell an Land funktioniert dieser Mechanismus nicht.
Seine Kleidung wechselt mit dem, was er findet oder sich organisiert. Er mag weite, bequeme Schnitte, die nicht einengen, wie baggy pants, Tanktops, zu große Jacken, Schuhe in die man nur reinschlüpfen braucht. Seit den Siebzigern hat er mehrere Ohrlöcher, und seit den frühen 2010ern eine Tätowierung am inneren rechten Oberarm. Es gibt nur wenige Narben zu finden, die Meisten am Rumpf, die fast ausschließlich unsauber und verzerrt wirken, als wären sie nur deshalb geblieben, weil sie schlecht verheilt sind. Sion hat ein kleines Muttermal unterm linken Auge, das einzige Merkmal, das ihn mit seiner Mutter verband.
Seine Ausstrahlung trägt seinen Gemütszustand üblicherweise ungefiltert nach außen, sowohl den Übermut in energetischer Stimmung, als auch die Reserviertheit, wenn es ihm nicht so gut geht. Hilft auch, stets sofort zu erkennen, wenn er in nicht gerade umgänglicher Stimmung ist – wird er wütend, sieht man das in jeder Faser.
Es ist selten, dass Sion seine dämonische Form annimmt, und es ist üblicherweise eine Extremsituation – Überforderung, Lebensgefahr, Einengung, zu viel mit dem er nicht umgehen kann. Der Dämon ist eine gesichtslose, annähernd humanoide Erscheinung mit transparenter Haut, durch die man jede Ader grünlich blau durchschimmern sieht. Verhüllt ist die etwas ausgemergelte, knapp 2 Meter große Figur von ebenfalls weißem Seidenstoff, der genau wie die Haut stets klitschnass ist als hätte man den Mond von der Oberfläche eines Sees gezogen. Der Schnitt erinnert an einen typischen dapho, ohne die dazu passenden baji. Die Gestalt hat keine Füße, und Körper wie auch Stoff lösen sich kurz über dem Boden in geisterhaften Dunst auf, der sich jedoch nie lichtet – etwas, das klar erkennen lässt, dass dieser Dämon einen Ursprung im Menschlichen hat und auf einem Geist basiert. Das leere Gesicht vermag sich in einen Schlund mit rasiermesserscharfen Zähnen zu öffnen, kräftig genug selbst Knochen zu splitten, die dürren Hände münden in spitz zulaufenden Krallen. Es ist keine Farbe übrig, Haut, Haar und vermeintlicher Stoff in fast transparentem Weiß, nur aufgelockert vom Netz der Adern unter der Haut und Kontrasten im schulterlangen Haar, die an Seegras oder Algen erinnern.
Spezielle Begabung:
Die meisten Besonderheiten beschert - logischerweise – die Tatsache, dass er ein vollblütiger Dämon ist. Als Geschöpf des Wassers ist dieses logischerweise sein Element: er kann beliebig lang unter Wasser bleiben, seine Lungen sind imstande Sauerstoff aus Luft und Wasser gleichermaßen aufzunehmen, lediglich die Atemfrequenz passt sich an. Auch in menschlicher Gestalt vermag sich Sion schneller durch Wasser zu bewegen als jedes andere Lebewesen, wofür er nicht schwimmen muss, es erinnert eher an ein fließendes Schweben, als gäbe es keinen Wasserwiderstand für ihn. Haut und Haare sind wasserfest und weichen auch nach Stunden nicht auf.
Außerdem vermag er, mit dem Wasser eins zu werden. Hierbei reicht eine Wasseroberfläche von etwa 2 Quadratmetern, in der er verschwinden kann, unabhängig davon ob es nur eine Pfütze ist – die Oberfläche ist wichtig, nicht die Tiefe des Wassers. Bis auf einen leichten, trübweißen Schleier ist nicht zu erkennen, dass mit dem Wasser etwas komisch ist, und er kann sich bis zu 10 Minuten in diesem Zustand der Nichtstofflichkeit aufhalten – in Dämonenform unbegrenzt. In dieser Form ist er nicht greifbar, kann aber umgekehrt auch nichts berühren, und ist extrem anfällig gegenüber Salz, Eisen und dergleichen, da seine Essenz bloßliegt.
Auch in menschlicher Gestalt ist Sion in der Lage, seine Hände und seine Kiefer dem Dämon anzupassen, ergo sich langer Krallen oder Reihen dolchartig scharfer Zähne zu bedienen, wenn er in Menschenform gerne beißen und kratzen möchte. Diese Teiltransformation geht zwar sehr schnell, ist aber auch während der gesamten Dauer des Bestehens ziemlich schmerzhaft, weshalb er es dennoch nicht leichtfertig auspackt als Waffe.
Zum Beutefang verwendet er allerdings eher andere Taktiken. Seine Stimme ist imstande, eine Frequenz anzunehmen, die auf gewöhnliche Menschen betörend wirkt, egal ob er spricht oder singt, und die selbst die Aufforderung ihm ins Wasser zu folgen total logisch und sinnvoll erscheinen lässt. Auch andere Spezies können diesem Einfluss erliegen, wenn sie nicht aufpassen, können aber mit bereits geringem Widerwillen problemlos erkennen, dass hier ein übernatürlicher Einfluss stattfindet, und sich mit etwas Willenskraft auch gegen diesen behaupten. Es ist nicht dazu ausgelegt, Vampire, andere Dämonen und dergleichen zu beeinflussen – es schlägt nur dann an, wenn die betroffene Kreatur schon vorher akut suizidal war. In dem Fall gibt es kaum ein Entrinnen.
Seine wasserfeste Haut enthält so viel Feuchtigkeit, dass er theoretisch für kurze Zeit auch einem regulären Feuer (also ein Holzfeuer o.ä.) widerstehen könnte, bis sie austrocknet und dieser Vorteil rapide ins Gegenteil kehrt.
Als Dämon ist er schwer zu vernichten, und erholt sich selbst von schwereren Verletzungen mit genug Zeit und Versorgung vollständig. Auch verfügt er über die rassetypische Telepathie der Dämonen, auch wenn jeder erstmal selbst Schuld ist, sich in seinen Kopf mit einzuklinken.
Der Dämon nährt sich von lebenden Seelen, der menschliche Körper sich von Fleisch. Sion braucht kein menschliches Essen, und verwertet in der Regel die Körper derer, die so unglückselig waren, ihm in die Falle zu gehen. Selbst an Land gerissene Beute zerrt er lieber ins Wasser und beschwert die Leichen am Grund, um längere Zeit von ihnen zehren zu können – verschwendet wird nichts.
Sion selbst ist ständig in Bewegung, wenn er nicht gerade schläft, durchtrainiert und deutlich kräftiger, als er wirkt. Er zeichnet sich durch Flexibilität aus, für die andere Jahre trainieren müssten, und ist kräftig genug, das Dreifache seines eigenen Körpergewichts zu stemmen, ohne sich groß anzustrengen. Damit ist er nicht übermäßig stark im Vergleich zu seinen Artgenossen, allerdings ist der Mul Gwisin dafür auch gar nicht ausgelegt.
Stärken:
Sion spricht koreanisch und englisch, und hat sich keine Mühe gegeben dieses Repertoire zu erweitern.
Er lebt ein Leben ohne Reue. Was passiert passiert, und es hält ihn weder zurück noch bewegt es ihn zur Veränderung. Dieser Ansatz macht ihn erstaunlich anpassungsfähig, und mental stabiler, als man es seiner wankelmütigen Art zutrauen würde. Auch ist er sicher kein Kind von Traurigkeit, so lang seine Grundbedürfnisse befriedigt sind.
Er ist kreativ im Sinne eines Überlebenskünstlers, hat sich die Welt größtenteils selbst erschlossen und unkonventionelle Ansätze sind an der Tagesordnung, was ebenfalls in seine Anpassungsfähigkeit reinspielt – er kann mit vielem umgehen und sich arrangieren, auch mit erheblichen Einschnitten in die Lebensqualität, sofern es etwas ist, das jenseits seiner Kontrolle liegt – Kriege, Krankheit, sowas.
Auch lebt er seit Ewigkeiten nach dem Gesetz der Straße – eine richtige Kampfausbildung hat er nie genossen, aber wenn es darum geht, sich mit dreckigsten Methoden zur Wehr zur setzen, unbewaffnet oder nicht, macht ihm keiner was vor. Seine Agilität und fast unnatürliche Flexibilität leisten dazu ebenfalls einen Beitrag.
River hat ein sogenanntes perfektes Gehör. Er hat nie Musiktheorie gelernt, aber auch ohne kann er bestimmen, ob ein Ton identisch mit einem anderen ist oder nicht, kann bestimmte Schiffe allein an derem Motorenklang erkennen, und Melodien perfekt imitieren, wenn er sie einmal gehört hat.
Schwächen:
Der Mul Gwisin ist von Natur aus eine sehr einsame Kreatur. Holt zu sich in die Tiefe, was er am Meisten wünscht, doch außer ihm überlebt dort eben nichts. Ein Teufelskreis, der durch nichts zu durchbrechen ist als ein endloser Kreislauf aus Sehnen, Freude und Trauer. Ihm fehlt jegliches soziales Geschick, das erlauben würde, tiefere Bindungen einzugehen, und er schätzt Situationen deshalb auch manchmal völlig falsch ein.
Seine dämonische Gestalt ist nur teilweise stofflich und kann lediglich mit Eisen, Salz oder böse Geister beschwichtigenden Reliquien verletzt werden. Ebenso vernichtend auf einer anderen Ebenen sind die gesprochenen oder gesungenen jesa, Begräbnisriten des koreanischen Schamanismus, allerdings unterscheidet sich der Inhalt nicht zu sehr von den Riten anderer Kulturen, sodass auch jene Fürbitten anderer Religionen ihn theoretisch schwächen können. Passiert das, zwingt es erst seine menschliche Gestalt in die Dämonische, und hält der Prozess an ohne Möglichkeit zu entkommen, kann der Mul Gwisin ausgetrieben werden. Da Sion nicht besessen, sondern der Dämon höchstselbst ist, würde das seinen Tod bedeuten.
Salz ist hierbei der empfindlichste Schwachpunkt. Kommt eine größere Menge als zum Beispiel das, was auf verschwitzter menschlicher Haut normal vertreten ist, mit seiner nackten Haut in Kontakt, zerfrisst es je nach Menge recht schnell seine Hautbarriere und kann das darunter liegende Gewebe schädigen, wenn es noch immer nicht abgewaschen wurde. Diese Wunden heilen schlecht und nicht schneller als Verätzungen bei einem Menschen sich wieder schließen würden. Generell ist alles, was seine natürliche Hautbarriere zerstört, sei es Salz, stark basische oder saure Substanzen oder schlicht scharfe Gegenstände, gefährlich, da diese ihn überhaupt erst vor Infektionen und Umwelteinflüssen schützt – im Wasser unabdingbar. Auch reines, unlegiertes Eisen ist seit Jeher etwas, das der Abwehr von Geistern dient, es hat zwar keine Aura, die ihm auf Distanz schadet, aber die Berührung entzieht ihm die Energie bis nichts mehr übrig ist und kann ihn in einen Zustand betäubter Paralyse versetzen, der in letzter Instanz sogar tödlich sein kann, wenn er darüber hinaus noch weiter dem Eisen direkt ausgesetzt ist. Weihwasser hingegen macht ihm nichts aus.
Darüber hinaus ist es nur logisch, dass Elektrizität ihm mehr schadet als anderen Kreaturen. Was für einen Menschen unangenehm ist wie eine vom Einkaufswagen gewischt zu kriegen, tut ihm schon ziemlich weh, und ein handelsüblicher Taser würde ihn ohne Aufhebens aus dem Bewusstsein klatschen. Umbringen kann es ihn nicht direkt, aber es ist hochgradig unangenehm und vermag kurzzeitig zu lähmen oder gleich auf die Bretter zu schicken.
Menschenessen kann River zu sich nehmen, solang es nicht zu salzig ist (alles über 4% Salz auf 100g Lebensmittel ist unangenehm und bei größerer verzehrter Menge stark schwächend), aber es gibt ihm nichts, und er könnte damit nicht lang überleben. Wenn er könnte, würde er aber durchaus seinen Energiebedarf allein mit Süßkram decken.
Hinzu kommt, dass der technische Fortschritt an ihm größtenteils vorbei gegangen ist. Schiffe sehen anders aus, Telefonhäuschen auch, und Kameras sagen ihm zumindest was, doch was ein Handy oder ein Fernseher sein soll? Bedienen kann er nichts davon. Wozu auch, als jemand, der mehr als 80% seines Lebens im Wasser verbracht hat?
Lebenslauf:
Namhan River, Chungju, Joseon; 1596 n. Chr.
Japanische Invasoren verfolgen ein Pferd entlang der bildschönen Landschaft entlang dem Namhan-gang. Der Reiter, ein kaum sechzehnjähriger Fürstensohn, der nur knapp dem Massaker an seiner Familie entkam, hält sich gerade so noch im Sattel. Ein Pfeil bringt den Falbhengst schließlich zu Fall, und die Verfolger holen den verletzten Prinzen ein. Er stirbt, langsam und qualvoll, und nachdem sie seine Taschen mit Steinen gefüllt haben, versenken die Invasoren den Leichnam im Fluss. Die Überreste des seiner Zukunft beraubten Fürstensohnes wird nie gefunden.
Namhan River, Chungju, Joseon; 1882 n. Chr.
Moon Ji-hye steigt in die eiskalten Fluten des Namhan-gong. Die junge Frau ist bildschön, keine 18 Jahre alt, und schwanger – unverheiratet. Sie unterzieht sich dem von ihrem Vater verlangten Reinheitsritual, um die Familienehre wieder herzustellen, ehe sie verstoßen wird. So jedoch wird sie wenigstens mit ihren wenigen Habseligkeiten gehen können, und nicht halbtot vom Hof gejagt … wenn sie es übersteht. Fast eine Stunde harrt sie in den eiskalten Februarfluten aus, während eine mudang die Zeremonie abhält - bis sie meint, einen leisen Gesang zu hören. Der Namhan ist Heim von Mul Gwisin, jeder weiß das, doch in dem Moment lässt diese Umfokussierung die beißende Kälte und die Frostbeulen erträglich werden. Die Stimme spricht sanft, aber traurig, bittet sie, zu ihm zu kommen, in die Tiefe, wo es dunkel ist und still, und nichts mehr wehtut. Sie spürt etwas wie eine warme Berührung an den längst halb erfrorenen nackten Füßen, vorsichtig und sanft. Das Leben, das sie erwartet, wird nicht schön. Sie nickt, und stimmt leise zu. Doch statt dass der gwisin sie mit sich in die Tiefe holt, verschwindet die Berührung. Ihr Körper wird warm, die Schäden der Kälte verblassen, und lediglich ein etwas seltsames Gefühl im Unterbauch verbleibt. Sie verlässt den Namhan River wenige Minuten später, wider Erwarten lebendig, und auch das Kind in ihrem Leib wächst weiter. Ji-hye wird in den nächsten drei Tagen ihre Sachen packen, sich von ihrer Mutter verabschieden, und auf ihrem Maultier Dwaekki nach Westen aufbrechen. Mit Beginn des Frühlings erreicht sie die kleine Hafenstadt Incheon, und im Sommer kommt ihr Sohn zur Welt. Sie nennt ihn Si-on.
In einem kleinen Krankenhaus nahe des Hafens kam am 3. Juli 1882 Si-on zur Welt, ziemlich blass und mit fast weißen Haaren, die wie auch seine Augen erst mit den Monaten dunkler wurden. Ein Baby, das nicht schrie, aber sehr früh plapperte. Nicht besessen, und doch kein Halbdämon, Spross zweier Menschen ohne einen Funken Magie in sich, und doch mit jeder Zelle ein Dämon. Sions Mutter hatte nicht sich selbst dem Mul Gwisin verschrieben, sondern ihr Ungeborenes – zu einer Zeit, wo dessen Lungen noch nicht einmal selbstständig atmen mussten, und die Tiefe und Dunkelheit erschuf, statt zu ertränken. Damit wuchs ein Baby heran, das in jeder Faser mit der Essenz des lange Toten verschmolz, dessen schwache Seele vollkommen resorbiert wurde, und geboren wurde ein Wiedergänger, die Essenz aus alter Zeit, in neuer Form zum Leben erweckt.
Ji-hye hatte Arbeit am Hafen gefunden, gelogen über den Kindsvater (im Winter einer Krankheit erlegen), und baute sich ein Leben auf, mit dem kleinen Stöpsel stets auf ihrem Rücken. Ein einfaches Leben, in einer kleinen Stadt am Meer. Si-on wuchs heran zu einem ungewöhnlich großen, etwas schwierigen Kind. Bis auf ein Muttermal ähnelte er weder seiner Mutter noch seinem Vater, auch wenn er letzteres nur von ihrer eigenen Aussage wusste. Schon mit neun hatte er mehrmals Probleme wegen kleineren Diebstählen, galt als extrem impulsiv und mäklig mit dem Essen, und der Verdacht, dass er ein Dämon war, kursierte schon früh durch Incheon. Aufgrund seines zunehmend auch aggressiven Verhaltens wuchs der Druck von außen, weder eine Schulbildung konnte Ji-hye ihm ermöglichen noch fand er Anschluss an Gleichaltrige. Er war ständig müde, ständig hungrig und gereizt.
Zumal an Ji-hyes Geschichte immer mehr Zweifel aufkamen, dass sie vormals liiert und Si-on damit ein legitimes Kind wäre. Als 1888 ein amerikanisches Schiff im Hafen von Incheon einlief, das bei einem Sturm nach dem Auslaufen aus einem chinesischen Hafen beschädigt wurde, änderte sich jedoch das Schicksal. Die junge Koreanerin bandelte mit einem jungen Reeder an, der sich häufiger im Hafenviertel zeigte, und es kam, wie es sich jede junge Frau gewünscht hätte dieser Zeit: er versprach, sie mit nach Amerika zu nehmen. Sie, und ihren dereinst sechsjährigen Sohn, dessen Widerwillen gegen diesen Fremden spätestens nach dem dritten geschenkten Bonbon keine deutliche Ausprägung mehr fand.
Und so ging es nach der Reparatur des Handelsfrachters über den großen Teich. Nach Wochen auf See, bei denen Ji-hye mit dem Reeder James Morgan aufrichtig anbandelte trotz massiver Sprachbarriere, erreichten sie Los Angeles, die Heimatstadt des Reeders. Seine Mutter heiratete diesen Mann, und damit wurde Si-on zu Sion und bekam nach damals geltendem Recht die Staatsbürgerschaft. Die durch und durch korrupte Stadt erlaubte einen ausschweifenden Lebensstil der jungen Familie, und es ließ sich gut kaschieren, was aus Sion wurde. Je älter er wurde, desto schwieriger wurde der Umgang mit dem Heranwachsenden. Er bekam Privatunterricht, um Englisch zu lernen, und terrorisierte seine Lehrer. Als er auf einem Stand war, dass er in eine normale Schule (dereinst noch eine reine Jungenschule) gehen konnte, terrorisierte Sion seine Mitschüler und Lehrer, ein bildhübsches Kind, das biss, schrie, bei der kleinsten Provokation detonierte, aber im nächsten Moment artig auf dem Platz blieb und seine Aufgaben machte. Es wurde schwieriger, als Sion älter wurde, er entfremdete sich immer mehr von seiner Mutter, spurte nur deshalb bei seinem Stiefvater, weil dieser ihm alles gab was er wollte, und schien lediglich mit seiner kleinen Halbschwester Summer ein gutes Verhältnis aufzubauen. Sie wurde geboren, als er zwölf Jahre alt war, und vier Jahre später folgte Halbbruder Michael. Mit der Pubertät ging der Dämon nicht mehr zur Schule. Trieb sich ständig am Hafen herum, Gerüchte von verschwundenen Dockarbeitern und Fischweibern kamen auf. Zur selben Zeit schoss der Halbstarke in die Höhe, die kränkliche und ständig müde Erscheinung wurde kräftig. Sion fand heraus, was er war – nicht als Name oder Bezeichnung, sondern durch das, was er konnte, so instinktiv wie ein Vogel irgendwann die Flügel ausbreitet und das Nest verlässt, auch ohne zu wissen, wieso. Mit kaum 16 zog er sein erstes Opfer in die Tiefe des Hafenbeckens von Los Angeles, sog ihr die Seele aus, und fraß sich an der Leiche satt. Niemand fragte danach, wo denn nun eins der leichten Mädchen verschwunden war – vermutlich dachte man, sie sei mit irgendeinem Matrosen durchgebrannt. Weitere folgten, und die Meisten wurden nie gefunden.
Sion beendete die Schule nie, kam nur unregelmäßig heim, und wenn, dann eigentlich nur, um sich ein bisschen mit seiner kleinen Schwester zu befassen. Sein Stiefvater versuchte bestmöglich, ihn in der Reederei zu beschäftigen, manches Mal begleitete Sion sogar Schiffsfahrten entlang der amerikanischen Küste – was nur so lala funktionierte und einiges kostete, wenn sein Wankelmut sich an der Crew entlud.
Er war 24, als Summer starb und Los Angeles in Schutt, Asche und Rauch versank. Am 18. April 1906 traf ein Erdbeben der Stärke 7,8 die Stadt, zerstörte Gasleitungen, und noch mehrere Tage lang wütete ein Feuer durch das Stadtgebiet. Das Morgan-Anwesen verfügte über eigene Leitungen … und brannte schon kurz nachdem die Beben verebbt waren. Summer war bei Sion, als alles panisch auseinander stob, und ihr ängstliches Klammern weckte den Instinkt. Das Sehnen, dass sie die Leere füllen könnte. Sie tat es, im Pool des Anwesens, wo die Flammen sie nicht erreichen konnte, doch auch ihre Seele vertrieb die Einsamkeit nur für wenige Tage. Nicht lang, nachdem das Kind beerdigt wurde unter der Annahme, sie habe sich vor Angst ins Wasser gerettet und sei dort ertrunken, war es bereits vergebens. Die Familie verließ Los Angeles, der Weg führte nach Baltimore. Seine Mutter hatte Summers Tod gebrochen, sie wurde nie wieder dieselbe. Sein Vater überstand den vier Jahre später folgenden Tod Michaels nicht – der Zehnjährige wurde nahe Fells Point im Hafenbecken treibend gefunden, leblos und mit tiefen Fleischwunden. James Morgan erschoss sich 8 Monate später in seinem Büro. Sions Mutter erbte alles, und lebte noch lang genug, die Reederei zu verkaufen und alles davon zu spenden. Sie vertraute sich ihrem ältesten Sohn an, was sie getan hatte, und dass sie glaubte, die ganzen Vorfälle in der Familie seien der Fluch, den sie sich aufgeladen hatte mit seiner unehelichen Zeugung, und dem Flüstern, von dem sie sich nicht mehr sicher war, ob es ein guter Geist gewesen war, der sie dereinst berührte. Sie bekam bald Gewissheit über das, was passiert war, mit ihrem Sohn, der aufgehört hatte zu altern. Sion fühlte sich besser, nach zwanzig Jahren war es endlich wieder wie vorher – nur er und seine Mutter. Für eine ganze Weile war alles gut. Ihre Nähe und Zuwendung beschwichtigte nicht alles, aber es war genug, es reichte, um eine Weile halbwegs normal zu leben, Ji-hye noch lang in tiefer Trauer über die verlorene Familie, aber ihr Ältester war da, blieb, brauchte sie auch immernoch. Im Familienanwesen, unentdeckt in seinem Tun mit den gelegentlichen Toten, die verschwanden und nie wieder auftauchten, kümmerte er sich noch weitere 22 Jahre um seine Mutter, bis diese im Alter von 67 Jahren dann starb. Die Welt schrieb das Jahr 1932, und die Einsamkeit kam, um zu bleiben. Der Dämon längst vergessener Zeit verlor die, die ihn aus nassem Grab befreit hatte, und Sion seine Mutter. Einige Jahre lebte er noch im nun leeren Haus im besseren Viertel von Baltimore, einer nach dem Anderen der Angestellten verschwand oder ging, und das Anwesen überwucherte, vernachlässigte, verfiel.
Als die Kriegsschiffe sich 1940 an den Buchten der Ostküste zusammen zogen, und die Welt zunehmend wieder im Chaos versank, ließ Sion Baltimore hinter sich, und folgte der Schlachtflotte der US-Marine nach Hawaii. Zuerst kamen die Gerüchte auf der Maryland (BB-46) auf. Nachtwachen verschwanden, jene die ungeplant herumwanderten berichten von seltsamen Geräuschen auf offener See, was wie Gesang klang, was jedoch nicht sein konnte. Fünf der knapp 600 Mann Besatzung erreichten Pearl Harbor nie, und es wurde vermutet, sie seien betrunken über Bord gegangen oder verunglückt. Auch auf anderen Schiffen wie der Nevada (BB-36) hielten sich Geschichten über etwas, oder jemand, der Seeleute ins Verderben stürzte. Für Sion eröffnete sich eine neue Welt. Das offene Meer war weniger vertraut, und der Salzgehalt war stellenweise fast zu viel fürs Wohlbefinden, aber so faszinierend und voller Leben. Eine Tiefe, die niemals leer und einsam war, mit Kreaturen, die ihn als Futter sahen, nicht umgekehrt. Auch ermüdend, bot der Ozean für ihn doch wenig Ruheorte, aber es war ein großes Abenteuer … und den Ausflug wert. Die tropischen Gewässer um Hawaii? Ein Traum. Pearl Harbor? So viele Betrunkene die nachts von der einzigen Kneipe am Hafen zurück wankten, allzu leicht beeinflusst. Der Angriff auf Pearl Harbor, der den Hafen in Blut und Öl tränkte? Ein Festmahl, das den jungen Dämon kräftemäßig ins Unermessliche pushte für eine noch so junge Kreatur. Er kam kaum hinterher, die Seelen aus dem Wasser zu fischen, ehe das Wasser sie aus den panisch rudernden Körpern spülte.
Einige Jahre noch blieb Sion, und richtete sich in der Arizona häuslich ein, die auch heute noch als Memorial vor Ford Island trieb. Mit einem Zugang unter Wasser, und noch vielen Räumen die trocken geblieben waren, war das ein perfekter Unterschlupf. Eine ganze Zeit brauchte er keine weitere Nahrung, nachdem das Chaos um Battleship Row geendet hatte, erholte sich, und erst zwei Jahre nach Ende des Kriegs begleitete er ein australisches Passagierschiff, das auf dem Weg nach Vancouver, Kanada war. Reiseproviant sozusagen.
Bis ganz so weit begleitete er das Schiff nicht, sondern fand in der Flussmündung des Columbia River einen wunderschönen Ort, an dem er bleiben wollte. Für ein bisschen, zumindest, eine schmale Bucht mit kleinem Strand, nur über einen steilen Abhang vom Landesinneren zu erreichen. Sie wurde später Deadman’s Cove getauft, als in den 1980ern die kleine Höhle in der Klippe gefunden wurde, die skelettierte Reste von über 70 Individuen beinhaltete, welche über den Lauf der Jahre in der Region verschwunden waren – Fischer, Wissenschaftler, Touristen, einige Einheimische, aus der Zeit wo sie sich noch nicht von Deadman’s Cove wussten fernzuhalten. Mit der Entdeckung seines Verstecks verschwand Sion wieder, der sich seit dieser Zeit auch River nannte. Wie der Fluss, an dem er so lang gelebt hatte, stetig in Bewegung, stetig gleich. Er folgte dem Columbia River stromaufwärts, hunderte Kilometer, dann entlang des Snake River bis in den Grand Teton Nationalpark. Dann North Platte, und dann folgte er dem Missouri River bis nach Saint Louis. Eine Reise, die Jahre dauerte, ihm die schönsten Orte der Staaten zeigte, unzählige Bekanntschaften, die nicht immer tödlich endeten, wohl aber stets zu früh, um mehr zu lernen als die grundlegensten Dinge darüber, wie man Menschen nicht sofort verschreckt. Die Campingsaison mochte er am Liebsten, die Familien mit Kindern und Barbecue-Grills neben ihren Zelten, die ihn manchmal einluden, wenn er nicht gerade mal wieder keine Kleidung hatte, mit der man das Wasser auch verlassen konnte. Es erinnerte vage an früher.
In den späten Achtzigern erreichte er den Ohio River. Der Weg ging zwar Flussaufwärts, aber etwas zog ihn weiter nach Nordost. Von Ohio aus ging es sogar ein Stück überland, was dank der vorherrschenden Anhalter-Kultur gar nicht mal so schwer war. 1991 kehrte er zurück nach Baltimore. Oder etwas Ähnliches.
Knapp sechzig Jahre später erkannte River die Stadt nicht wieder, die er als Sion verlassen hatte. Wo das letzte Heim seiner Mutter gestanden hatte, war jetzt ein Einkaufszentrum und ein Parkplatz, der Friedhof mit ihrer Asche verlegt worden. Wohin, das fand er nie heraus. Einige Monate währte der Killing Spree, mit dem die Wut über die freudlose Heimkehr verarbeitet wurde, und einige weitere Jahre verblieb er im Loch Raven Reservoir. Er freundete sich unerwartet kurz vor der Jahrtausendwende mit einem anderen Jungdämon an – seine Artgenossen interessierten ihn sonst nicht, doch dieser hier war anders. Eine Kreatur der Tiefe, so wie er, direkter Nachkomme des Leviathan in vierter Generation, und nebenberuflich Tourguide für Kanuten auf dem Loch Raven Reservoir. Zum ersten Mal hatte er so etwas wie einen Freund, jemand der vorsichtiger und menschennäher war als er selbst, und doch an den Grund des Reservoirs mitkam, um nach verlorenen Sachen und Dingen vergangener Zeit zu suchen. Eine Freundschaft, die nicht lang hielt – trotz der Gemeinsamkeiten hielt auch ein Leviathan nichts davon, wenn das eigene Business durch zu viele Tote gefährdet wurden, weil die Gäste ausblieben. River hingegen verstand das Problem nicht, und musste letztlich verschwinden, als der Konflikt eskalierte. Es waren doch bloß Menschen..?
Nach einiger Zeit in den Küstengewässern des Atlantiks, ohne Antwort darauf, was denn nun falsch gelaufen war, zog es ihn nordwärts. Atlantic City war zu klein, die Methoden wurden moderner, und er musste sich daran anpassen, gewisse Dinge nicht mehr offen tun zu können. So ganz hat er das Konzept von Kameras bis heute nicht kapiert, folgt aber der Grundregel ‘wo es dunkel ist, sehen technische Geräte auch nichts’. Wenn es zu heikel wird, zieht er weiter, Seaside Heights, Long Branch, und dann folgte New York.
Seit 2011 also nennt er die Gewässer um die Großstadt herum sein Zuhause, auch wenn der tatsächliche Aufenthaltsort variiert – die Hurricans Irene und Sandy war nicht gerade sein Favorit, ihre Wut wartete er auf dem offenen Meer ab und erntete die verloren gegangenen Seelen ab, die so blöd waren, sich in Booten und Schiffen befunden zu haben und über Bord zu gehen. Auch hier in New York blieb er stets in Bewegung, zog von der Jamaica Bay an die Great South Bay weiter und umrundete mit den Jahren Long Island einmal komplett, bis er jetzt, 2017, in der Flushing Bay nahe dem LaGuardia Flughafen angekommen ist. Die Jagd wird schwieriger, der Fortschritt schwieriger aufzuholen, den die Technik den Leuten gibt. Aber er kommt zurecht, und beginnt auch allmählich, wieder an Land mehr Fuß zu fassen.
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