01.08.2025, 18:59 - Wörter:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.08.2025, 19:11 von Jackson T. Williams.)
Don`t let go
06.03.2017. | Abends | Büro in der Genesis |
06.03.2017. | Abends | Büro in der Genesis |
Ihr Lachen hallte laut durch die Nacht, während sie sich drehte und der Wind in ihr Haar griff, damit spielte. Immer und immer wieder wirbelte er sie herum, während ihre Augen funkelten wie Edelsteine. Feine Grübchen bahnten sich ihren Weg in Haut, die zwar wie eingefroren aber nicht gänzlich entmenschlicht war. Das könnte sie wohl auch nie: entmenschlicht werden. Nicht in 10 Jahren, nicht in 100, nicht in 1000. Ihre Lippen kräuselten sich, als sie lachte und scheinbar alle Sorgen vergessen hatte. Er ließ sie los, sachte und sicher gehend, dass sie nicht das Gleichgewicht verlor. Aber das tat sie nicht. Als Vampir hatte sie die Balance einer Raubkatze. Sie könnte nun ohne weiteres auf dem Geländer des Daches balancieren, ohne Furcht haben zu müssen. Aber das tat sie nicht, denn Höhe war noch nie ihr Steckenpferd gewesen. Die Angst zu fallen war zu gewaltig und als Jack hinunter in die Tiefe blickte, verstand er warum dem so war. Der Abgrund war tief, zu tief, zu dunkel. Er sah keine Straße mehr, keine Lichter, die diese erhellt hätten. Keine Fahrzeuge, die sich am Rande dicht aneinander drängten. Keine Autos die hupend mehr standen als fuhren. Er sah nichts dergleichen. Keine Menschen, kein Leben. Da unten war nur Kälte, Nichts und vielleicht der Tod. Der Tod war dunkel gewesen, als er ihm ins Auge gesehen hatte. Sowohl damals im Wald, als auch bei seiner Neuverwandlung in der Genesis. Es waren grauenvolle Momente gewesen und er hatte sie überlebt. Würde er auch den Abgrund überleben? Jack sah das sich die Schwärze ausbreitete, das sie überall rings um das Gebäude lag, fast als würde sie das Gebäude jeden Moment verschlucken. Der Vampir presste die Kiefer aufeinander, als er hinunter sah und das Gefühl hatte das sich Zähne im Dunkeln bildeten, Zähne die ihn mit einem Happs verschlingen wollten, die ihn zerreißen wollten.
Ein dumpfes Schlucken brachte seinen Kehlkopf zum Erzittern, als er den Blick immer noch nicht abwandte und Stille einkehrte. Das Lachen war verstummt, die Leichtigkeit war einer Schwere gewichen. Jack hatte das Gefühl das ihm schwindelig wurde. Er glaubte fast, dass seine Füße keinen festen Boden Stand mehr hatten. Der Boden schien verschwunden zu sein, die Kante zum Abgrund schmaler. Seine Sinne waren durcheinander, obwohl sie doch sonst so präzise waren. Doch, da war etwas! Er roch Blut, viel Blut. Es stach in ihm, riss an seinem Innern und wollte ihm das Gemüt noch schwerer machen. Der Vampir vergas die Lichter auf dem Dach, die sich wie kleine Glühwürmchen über ihnen her geschlängelt hatten, wie von kleinen Drähten gehalten, die irgendwo fest gemacht waren. Die Rosen, die irgendwo am Rand in kleinen Kästen eingebettet waren, waren zu Staub geworden und der Boden unter ihm zu rissig und morsch um wirklich halten zu können. Jack zog die Brauen fest zusammen, spürte Panik in ihm aufsteigen. Wollte die Welt ihn verschlucken? Für immer? "Sieh nicht hinunter, mein Herz!" Warme, seidige Worte, die auf ihn eintrafen. Der Vampir schloss die Augen, seine Hand glitt hinunter und fand warme weiche Haut. Als er die Augen aufschlug sah er ihre Arme, die sich um seinen Leib gelegt hatten. Er spürte ihr Haupt an seinem Rücken, ihre Wärme, obwohl sie doch längst kein Mensch mehr war. "Was wenn ich falle und nicht mehr aufstehen kann?" Nur ein Flüstern, fast ausschließlich gehaucht, weil er die Wahrheit nicht vertrug. „Ich weiß, du glaubst, du verlierst dich. Ich weiß, da ist etwas in dir, das reißt, das brennt, das dich auslöschen will, aber du bist noch da. ertönte ihre dunkle, wunderschöne Stimme. Jack legte seine Hand auf ihren Arm, streichelte sanft darüber und für einen Moment festigte der Boden sich wieder unter seinen Füßen. Für den Moment, schien er sicher zu sein.
"Und was wenn ich zu schwach bin, um es zu schaffen?" Die Worte klangen wehmütig und schwerfällig aus seinem Mund. Jack wollte nicht schwach sein, hatte es nie gewollt. Schwäche bedeutete Fallen, bedeutete leiden und er war des Leids einfach überdrüssig. "Du bist nicht falsch, Jack. Noch bist du verdorben oder gar schwach. Du bist weich, und das ist deine größte Kraft. Denn weiches kann man nicht so einfach brechen.“ Sein rechter Mundwinkel hob sich leicht wehmütig in die Höhe, doch das halbherzige Lächeln verschwand auch direkt wieder. Seine Hand nahm ihren Arm sachte, er drehte sich aus ihrer Umarmung, sah sie nun und hob ihre Hand zu seinen Lippen. Sanft setzte er seine Lippen auf ihre Haut, die ihm so kostbar erschien wie eh und je. Sie war schön, so wunderschön, wie sie ihn ansah und ihre Augen so viel Gefühl wieder spiegelten. Gefühl für... ihn! "Weichheit bedeutet Versagen, my Dearest. So habe ich es gelernt. Ich wollte nie ein Versager sein." schob es sich gepresst über seine Lippen, während die blauen Augen ihre Züge nicht los ließen. Denn wenn sie verschwand, dann verschwand alles! Aber das bist du nicht. Du bist mein Zuhause, Jack. Auch wenn du glaubst, ich verdiene was Besseres, ich hab dich gewählt. Ich wähle dich jetzt…in diesem Chaos…in dieser Dunkelheit.“ Ihre Worte von Wärme getragen, fanden ihren Weg zu seiner Mitte. Füllten ihn aus. Vertrieben die Kälte, die ihn in einem Klammergriff fest hielt. "Können wir einfach nur weiter tanzen? So lange wie die Sterne über uns sind?" Ein mitleidsvoller Blick umspielte ihre schönen Züge. Das bedeutete wohl, dass das nicht möglich war. Der Sternenhimmel war längst versiegt und um sie herum war nichts als Dunkelheit. Dunkelheit die die Luft verpestete und alles verschlang.
Sein Blick lenkte hinunter, geschlagen und gepeinigt, weil er keinen Ausweg wusste. Er hatte es sich leichter vorgestellt oder vielleicht... auch gar nicht. Es war eine Drohung gewesen, eine Möglichkeit: Makaras wird kommen... Eine Eventualität, die wahr geworden war, obwohl er bis zum Schluss nicht gänzlich hatte glauben wollen. Es war wie ein altes Märchen. Das Böse kam, wenn man nicht artig war. Wenn man etwas Schlimmes getan hatte, die Mahlzeit verschmäht hatte, vielleicht keine Hausaufgaben gemacht hatte. Aber es war doch nicht wahr. Und doch war es nun eben wahr geworden! „Ich bin bei dir, in jedem Gedanken, in jedem Atemzug, den du noch aus dir herauspresst. Ich trage dich, wenn du fällst. Ich erinnere dich an dich, wenn du dich selbst nicht mehr spürst.“ Schmerz schlicht sich durch sein Innerstes. Ein Reißen, ein Drücken und Pressen. Als hätte man ihn in Schraubzwingen geklemmt, die zugriffen. Als hätte man ihn fest gebunden und auseinander gerissen. Aber es war nicht sein Körper, der fühlte sich taub und leer an. Als wäre es nicht seiner, als wäre er nichts weiter mehr als Geist und Leere. Er stand hier und doch tat er es nicht. Er dachte und hatte doch keinen Bezug mehr zu seinem Hirn. Er gab Anweisungen und doch gehorchte rein gar nichts mehr. Jack zog Lauren zu sich heran, zog sie dicht in seine Arme, als könnte sie ihm helfen und davor bewahren erneut zu fallen, tief in die Finsternis, in die Dunkelheit hinein. "Ich will das alles nicht..." nur ein flüstern, tonlos und doch voller Verzweiflung. Noch nie hatte er es ertragen hilflos und ohne Kontrolle zu sein, das hier war jedoch um so vieles übler. Man hatte ihm nicht nur die Kontrolle genommen. Man hatte ihm alles genommen.
Jack spürte wie ihre Hände sich gegen seine Brust drückten, aber der Vampir wollte nicht los lassen, hielt sie fest. Als wäre er mit ihr fest gewachsen. Wenn er los ließe, dann würde alles über ihn hinweg schwappen. Er würde untergehen, ersaufen in etwas das so bitter und kalt war, dass man es nicht ertragen konnte. Und er wusste das genau das passieren würde. Er wusste es mit einer so gewaltigen Klarheit, dass ihm übel wurde. Ihre Hände kannten jedoch kein Erbarmen. Und somit löste sich Jack von ihr, nur um in ihre Augen zu sehen. Augen die nach wie vor voller Liebe waren, die das Strahlen nicht eingebüßt hatten. Warum konnte er sie nicht einfach festhalten? Warum musste er sie los lassen? „Wenn du wieder fällst…“ ertönte es und Jack spürte wie es kälter und kälter wurde. Ihre Hände umfassten seine Unterarme, als wollte sie ihn halten, aber er spürte auch das Zerren an seinem Verstand. Er spürte den Wind der aufkam, wie ein Tornado der sich ankündigte und alles was lebte verschlingen würde. „…dann nimm mich mit. Trag mich in dir. Halt dich an mir fest, wenn du sonst nichts mehr greifen kannst.“ Seine Hände umfassten ihre Handgelenke, als wäre es ein Tau, das ihn retten konnte. Als könnte sie ihn hier halten und verhindern das er verloren ginge. Der Wind wurde zum Sturm. Alles zerrte an ihm, an Lauren. Nur das das Zerren in entgegen gesetzte Richtungen ging. Als wollte man sie mit Gewalt auseinander reißen, als wollte man vermeiden, dass Jack sie fest hielt. Als hätte er kein Recht auf Liebe, auf Verbundenheit. Als hätte er all das verwirkt. Hatte er das? Als Strafe für all seine Vergehen? Als Strafe für das was er war? Ein Sprössling eines Dämons, der ihn mit einem Schnippen zerstören und vorher so lange benutzen konnte, wie er es wollte. War er nur ein Werkzeug? Nicht mehr und nicht weniger? Er hatte nicht um dieses Leben gebeten. Das hatte er nie. Nicht als Mensch, der blutend zusammen brach. Nicht als Vampir, der dämonische Essenzen in sich trug, die ihn zum Spielball machten.
„Ich bin dein Anker, Jack. Du musst dich nur festhalten.“ rief sie gegen den Wind an. Worte die beinahe verschluckt wurden. Seine Hände griffen fester, gleichzeitig fürchtete er aber nach wie vor ihr weh zu tun. So wie er es wohl immer würde. „Und wenn du kämpfst, Jack, dann nicht nur für uns, sondern auch für dich, für den Menschen in dir, den du nie verloren hast, auch wenn er gerade tief vergraben liegt. Du bist es wert, dass man um dich kämpft. Du bist es wert, geliebt zu werden. Auch so. Gerade so!“ Tränen sammelten sich in seinen Augen, verschleierten seinen Blick. Sattes Rot, dass etwas in seinem Innern dazu brachte durchzudrehen. Seit wann war dem so? Was machte das Blut mit ihm? Das es sich wie eine gewaltige Mauer zwischen sie schob, wie etwas das einen eigenen Willen hatte. Nach ihm rief. Jack kämpfte, er blinzelte die Tränen weg, wollte sie ansehen. Doch es war zu spät. Seine Hände griffen ins Leere und er verlor den Halt. Sie entfernte sich, immer weiter und weiter, mit ausgestreckten Armen. Bis die Dunkelheit sie verschluckte. Jack fand sich wieder, eingepfercht in einer kleinen Kiste. Er fühlte sich schmutzig, wund und leer. Schwere Ketten lagen um seine Arme und Beine. Eine Eisenkette lag zusätzlich um seinen Hals. Als hätte er je die Möglichkeit auch nur irgend etwas zu tun. Jack verzog schmerzlich das Gesicht, doch weitere Tränen kamen nicht. Er hatte sie alle vergossen, wie es schien. Es gab keine Mehr. Nein, Lauren. Du bist nicht mein Anker! drang es fest in seinen Verstand, der zwar erlahmt aber nicht gänzlich gestorben war.
Du bist meine Menschlichkeit!